15.03.2023  LIQUI MOLY HBL

Favoritenschreck Leipzig bläst zur Löwenjagd

Als die Fußballer des FC St. Pauli am 6. Februar 2002 den FC Bayern schlugen, der kurz zuvor als aktueller Champions-League-Sieger auch die Vereins-WM gewonnen hatte, wurden schnell T-Shirts zum historischen Moment gedruckt, die heute noch verkauft werden - mit dem Titel „Weltpokalsiegerbesieger“. 21 Jahre später könnte sich der SC DHfK Leipzig überlegen, welche T-Shirts man in Kürze bedrucken möchte. Und am Donnerstag könnte eine weitere Option hinzukommen!

Zur Wahl stehen aktuell noch „Vereinsweltmeisterbesieger“ oder „Rekordmeisterbesieger“ - denn der Leipziger Höhenflug kumulierte zuletzt mit dem Derbysieg gegen Vereins-Weltmeister SC Magdeburg (33:32) und dem ersten Auswärtssieg der Vereinsgeschichte beim Rekordmeister THW Kiel (34:31). Nun könnte sogar noch die Option „Tabellenführerbesieger“ hinzukommen, denn am Donnerstag (19.05 Uhr, live auf Sky) gastiert kein geringerer als der aktuelle Spitzenreiter Rhein-Neckar Löwen in der höchstwahrscheinlich erneut ausverkauften QUARTERBACK Immobilien Arena Leipzig. Dass die Löwen überhaupt Erster sind, lag auch am Leipziger Sieg gegen Kiel und der Füchse-Niederlage beim SC Magdeburg.

Seit dem Amtsantritt des Isländers Runar Sigtryggsson als Cheftrainer und Nachfolger von André Haber am 10. November haben die Leipziger neun Siege in elf Partien eingefahren. Nach zuvor vier Punkten in zehn Spielen legte der SC DHfK mit Sigtryggssons Premiere beim Auswärtsspiel in Wetzlar los wie die Feuerwehr, feierte sechs Siege in Folge. Vor der WM-Pause geriet der Motor mit den Niederlagen gegen den Bergischen HC und die Füchse etwas ins Stocken, aber seit dem Neustart bei der MT Melsungen (29:28-Sieg in letzter Sekunde) lief es wie am Schnürchen. Mit 6:0 Punkten in den vergangenen drei Spielen ist Leipzig definitiv die Mannschaft der Stunde.

Ein zweiter Isländer hat daran erheblichen Anteil: Viggo Kristjansson ist mit 119 Treffern - darunter alleine zehn beim Derbysieg gegen den SCM und sieben in Kiel - mit Abstand bester Werfer der Sachsen. Doch der sieht sich nur als Rädchen im Getriebe, nicht als der Boss: „Der Trainer ist der Chef, aber er gibt mir viel Verantwortung und viele Freiheiten. Ich spiele mehr mit einem freien Kopf, aber der Chef bin ich nicht.“

Diese aktuelle Serie ist noch unglaublicher, da der SC DHfK vor allem im Rückraum einige verletzungsbedingte Ausfälle zu verzeichnen hat. Quasi seit Saisonbeginn muss Abwehrchef Simon Ernst auch im Angriff ran und war beim „Meilenstein“-Sieg gegen Kiel einer der Matchwinner mit sechs Treffern. „Ich bekomme das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Es ist verrückt, was wir aktuell für einen Lauf haben und wie wir die Ausfälle kompensieren“, sagte der Nationalspieler nach dem 34:31 in der Höhle der Zebras. Und die Leipziger haben laut Ernst nun richtig Spaß an großen Aufgaben: „Wir glauben daran, dass wir jeden Gegner schlagen können. Das war uns in der Hinrunde verloren gegangen und jetzt haben wir es Stück für Stück wieder aufgebaut. Wir wollen das nächste Spiel auch gewinnen und genießen den Lauf.“

Mit 22:20 Punkten liegt der SC DHfK Leipzig als aktueller Tabellensiebter zwar 15 Zähler hinter den Löwen, aber Angst vor großen Namen hat man definitiv nicht, auch wenn der Blick auf die bisherige Statistik eher mau für Leipzig aussieht: In 15 Liga-Vergleichen mit den Löwen gab es zwei Siege und zwei Remis bei elf Niederlagen. Das Duell „Mannschaft der Stunde“ gegen Tabellenführer am Donnerstag ist bereits der dritte Vergleich in dieser Saison: In der Liga gewannen die Löwen ihr Heimspiel 30:24, im Pokal feierten die Badener einen 36:27-Auswärtssieg.

Trainer Runar Sigtryggsson setzt auf die mehr als 5000 Fans in der heimischen Arena als mitentscheidenden Faktor: „Wenn die Halle voll ist, dann ist das die Atmosphäre, die wir uns zuhause wünschen. Die Fans und die Mannschaft freuen sich auf das Spiel. Wenn wir den Löwen ein Bein stellen wollen, müssen wir eine Hochleistung abrufen. Das wir nun als Favoritenschreck bezeichnet werden, haben wir uns hart erarbeitet.“ Rückraumspieler Matej Klima freut sich ebenfalls „riesig“ auf die Löwen-Jagd: „Wir werden einfach versuchen, Gas zu geben. Es ist das dritte Topspiel in Folge für uns. Zwei haben wir bereits gewonnen und gegen die Löwen wollen wir auch siegreich sein.“

Foto: Trotter