14.12.2023  LIQUI MOLY HBL

ÜberZahl – Die Zahlenkolumne: Andy Schmids Wunsch zur Angriffsdauer des SC Magdeburg

Während des Topspiels am vergangenen Wochenende zwischen der MT Melsungen und dem SC Magdeburg wünschte sich Experte Andy Schmid eine Analyse zur Abschlussdauer des SCM. In der neuen Ausgabe von „ÜberZahl“ kommt Datenanalyst Julian Rux dem Wunsch des fünffachen MVPs nach, betrachtet die Zahlen des direkten Duells, wirft aber auch einen Blick auf die Daten der laufenden Saison.

Auf den ersten Blick hatte Andy Schmid mit seiner Kurzanalyse während des Spiels natürlich recht. Nach 12:30 gespielten Minuten am Sonntag hatte der amtierende Champions League-Sieger 32,9 Sekunden pro Ballbesitz benötigt, während es bei den Melsungern 38,5 Sekunden waren.

Betrachtet man allerdings bei mehreren Wurfchancen in einem Ballbesitz (wenn z. B. nach einem Wurf der Abpraller wieder in den Händen des angreifenden Teams landet) nur die Zeit bis zum ersten Abschluss, dann lag die Differenz lediglich bei 1,3 Sekunden (MT: 32,9 s, SCM: 31,6 s). Das Weglassen der Ballbesitzzeit von zweiten Wurfchancen zeigt die tatsächliche Intention, schnell oder langsam zu spielen, besser.

Hier ist es jedoch besonders der erste Ballbesitz der Magdeburger, (zwischen dem ersten Tor der MT und dem Ballbesitzwechsel zurück zum Gastgeber nach dem Pfostenwurf von Felix Claar) der mit 114 Sekunden den Wert nach oben zieht. Da beide Teams erst je zehn Ballbesitze hatten, beeinflusst dies den Mittelwert noch deutlich.

Am Ende des Spiels lagen beide Teams bei den Ballbesitzzeiten leicht über dem Liga-Durchschnitt von 33,7 Sekunden (bzw. 32,5 Sekunden ohne zweite Wurfchancen). Ohne die Ballbesitzzeit bei zweiten Wurfchancen waren die Ballbesitze der MT sogar leicht kürzer als die des SCM. Insgesamt war das Spiel also eher langsam, was auch der Pace-Wert (die Anzahl der Ballbesitze) mit 51 bei der MT und 50 beim SCM zeigt (Ligadurchschnitt: 53,3).

Interessant ist hierbei auch, dass der ligaweite Pace-Wert nach einer deutlichen Steigerung in der Vorsaison, wieder leicht zurückgegangen ist. Durch die Regeländerungen zu Beginn der Saison 2022/23 steigerte sich die Pace von 50,1 in 2021/22 auf 54,0, hat nun aber im bisherigen Saisonverlauf wieder um 0,7 abgenommen.

Hochgeschwindigkeits-SCM ist nur noch ein Mythos

Sowohl Melsungen als auch Magdeburg liegen auf die Saison betrachtet bei der Pace unter dem Ligadurchschnitt. Die Spiele der MT Melsungen sind mit 52,3 Ballbesitzen pro Spiel immerhin leicht schneller als die des SCM (51,5), obwohl dieser oftmals mit Hochgeschwindigkeits-Handball assoziiert wird.

In den ersten Jahren unter Bennet Wiegert waren die Spiele der Magdeburger auch die schnellsten der Liga. Daten hierfür sind leider erst seit der Saison 2017/18 verfügbar, doch 2017/18 und 2019/20 (1.) war die Pace bei den Spielen des SCM die höchste der Liga, 2018/19 landeten sie hinter GWD Minden auf Rang zwei.

Seit der der Saison 2020/21 ist ein Teil der Liga in der Pace-Statistik am amtierenden Champions League-Sieger vorbeigezogen, wodurch sich die Magdeburger im Mittelfeld wiederfinden.

In der aktuellen Saison sind die Spiele des SC Magdeburg sogar die viertlangsamsten (51,5 Ballbesitze pro Spiel). Vor ein paar Jahren wäre dies noch ein Top-Wert gewesen, während der Handball insgesamt allerdings deutlich schneller wurde, veränderten sich die Zahlen beim SCM nur leicht.

Die Gründe für die Entwicklung beim SCM sind natürlich vielschichtig. Zum einen hat dies mit der immer höher werdenden Belastung zu tun, da der SCM wie in den Vorjahren auch in diesem Jahr wieder zu den Teams mit den meisten Spielen in der Saison gehört. Zusätzlich haben sich immer mehr Teams auf die Philosophie von Wiegert eingestellt, wodurch dieser seinen Spielstil entsprechend angepasst hat.

Wie sich die Gegner auf den SCM einstellen, zeigt unter anderem auch die gegnerische Angriffsdauer. Denn mit durchschnittlich 36,2 Sekunden (bzw. 35,0 ohne zweite Wurfchancen), brauchen die Gegner keines anderen Teams länger für ihre Angriffe als die des SCM. Dies beeinflusst natürlich auch den Pace-Wert des SCM deutlich. Hinzu kommt, dass die eigenen Ballbesitze mit 33,5 Sekunden (32,6 s ohne zweite Chancen) eben nur durchschnittlich lang sind.

Die MT schloss am Sonntag minimal schneller als die durchschnittlichen Gegner des SCM ab. Über die ganze Saison gesehen liegen sie bei der Dauer der eigenen Ballbesitze mit 34,8 Sekunden (33,9 s ohne zweite Chancen) sogar nur auf dem drittletzten Rang. Doch trotzdem ist der Unterschied zu dem am schnellsten spielenden VfL Gummersbach (29,7 s) etwas geringer als zum ThSV Eisenach (40,0 s), der den langsamsten Handball der Liga spielt.

Die Werte des SCM und der MT zeigen also zum einen wieder einmal, dass die Spielgeschwindigkeit kein Indikator für die Qualität einer Mannschaft ist. Zum anderen zeigen sie, dass Andy Schmids Analyse zwar für das direkte Duell zutreffend war, insgesamt aber, was die Spielgeschwindigkeit und die Dauer der eigenen Angriffe angeht, einige Teams die Magdeburger überholt haben.

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Foto: Klahn