20.04.2022  DHB-Pokal

"Wir werden wohl über 100 Prozent gehen müssen!": Interview mit TBV-Pokalheld Finn Zecher

Im Finale des REWE Final4 2021 wuchs Keeper Finn Zecher über sich hinaus und wurde zum Matchwinner. Abgehoben hat er dadurch aber nicht.

Herr Zecher, wo haben Sie ihre Medaille, die es für den sensationellen DHB-Pokalsieg des TBV Lemgo Lippe im Vorjahr gab?

Finn Zecher (21): Die hängt in unserem Wohnzimmer in Lemgo an der Wand. Ich sehe sie also praktisch täglich. Dieses denkwürdige REWE Final4 im vergangenen Jahr, das war für mich das bisher Größte in meiner Karriere.

Im Finale gegen die MT Melsungen wurden Sie zum Matchwinner. Hat diese Sternstunde ihr Spiel, ihr Denken, ihr Auftreten verändert?

Zecher: Ich bin nach wie vor einer der jüngsten Spieler in unserem Team. Ich stelle nicht den Anspruch, ein Führungsspieler zu sein. Ich bin vielmehr dankbar, dass ich trotz meiner Jugend sehr viele Einsatzzeiten bekomme.

Im Halbfinale des REWE Final4 geht es nun wieder gegen den THW Kiel, den Lemgo im Vorjahr trotz 11:18-Pausenrückstand sensationell mit 29:28 bezwang. Ist die Wiederholung eines solchen Handball-Wunders möglich?

Zecher: Der Pokalsieg hat uns gepusht und als Mannschaft noch enger zusammenrücken lassen. Das sind die wertvollen bleibenden, nachhaltigen Effekte dieses Erfolges. Bei diesem Halbfinale habe ich nicht gespielt, ich kam erst im Endspiel zum Einsatz. Aber ich freue mich sehr auf das Duell mit Kiel. Natürlich sind wir wieder Außenseiter. Natürlich sind wir auch wieder nicht chancenlos. Aber wir werden wohl praktisch über 100 Prozent geben müssen.

Was stimmt Sie optimistisch?

Zecher: In der Liga haben wir gegen den THW ein Remis geholt. Ich denke, dass ich dabei mein besten Saisonspiel bestritten habe. Es ist nicht einfach, gegen uns Tore zu machen. Vor uns Torhütern bilden mit Jonathan Carlsbogard und Gedeón Guardiola ein Europameister und ein Vize-Europameister den Mittelblock. Das ist schon eine Menge Qualität. Und vorne sind wir auch immer für Tore gut. Wir müssen uns nicht verstecken.

Ihr WhatsApp-Profil zeigt Sie zusammen mit Ihrem Hund. Kommt der mit zum Pokal-Wochenende nach Hamburg?

Zecher: Das ist Rogue. Eine Hündin. Mischling. Knapp eineinhalb Jahre alt. Rogue wohnt mit meiner Freundin Lisa und mir in Lemgo. Wir haben sie aus einem rumänischen Tierheim. Nein, Rogue bleibt bei Freunden in Lemgo und schaut am Fernseher zur. Wie im Vorjahr. Da hat es ja Glück gebracht.

Zur neuen Saison verlassen viele Leistungsträger den Klub, zum Beispiel ihr erfahrener Torwart-Kollege Peter Johannesson, Torjäger Bjarki Mar Elisson und Jonathan Carlsbogard. Ist daher ein Absacken des TBV Lemgo Lippe zu befürchten?

Zecher: So sehe ich das nicht. Der TBV hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass er Leistungsträger ersetzen und Spieler besser machen kann. Ich habe sehr von meinem Torwart-Kollegen Peter profitiert. Er hat viel mehr Erfahrung als ich. Wir verstehen uns gut. Nun freue ich mich auf seinen Nachfolger Urh Kastelic von FRISCH AUF! Göppingen, der ein cooler Typ ist. Auch von ihm werde ich eine Menge lernen können.

Im Tor von Habfinal-Gegner THW Kiel steht Niklas Landin, der just zum zweiten Mal in Folge „Welthandballer des Jahres“ geworden ist. Ist er ein Vorbild?

Zecher: Ich habe als Torwart nicht das eine Vorbild. Aber ich schaue mir sehr viele Spiele und Spieler an, auch international. Dabei lerne ich viel. Früher habe ich mir auch einiges aufgeschrieben. Aber ich merkte irgendwann, dass das für mich kontraproduktiv war. Torwartspiel hat viel mit Gefühl und Intuition zu tun. Sich nur nach dem Notierten zu richten, ist daher für mich nicht der richtige Weg.

Foto: Klahn