09.03.2020  LIQUI MOLY HBL

Starke zweite Halbzeit: Kiel besiegt Löwen!

Zu Beginn dominierten die Rhein-Neckar Löwen die Partie in der Sparkassen-Arena und gingen mit einer 15:13-Führung in die Pause. Doch Kiel kämpfte sich nach der Halbzeitpause zurück, besonders ein starker Niklas Landin im Tor und Domagoj Duvnjak im Angriff führten den THW zum 27:21-Sieg.

Mit einer unglaublichen Energieleistung hat der THW Kiel das Spitzenspiel der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga gegen starke Rhein-Neckar Löwen für sich entschieden. Nach einem 13:15-Pausenrückstand waren Niklas Landin und die THW-Defensive die Schlüssel zu zwei ganz wichtigen Punkten: Mit einem 5:0-Lauf nach Wiederanpfiff drehten die Schwarz-Weißen die Partie, verwandelten die Sparkassen-Arena in einen Hexenkessel und ließen sich von ihrem Weg auch nicht abbringen, als die Löwen eine Viertelstunde vor Schluss noch einmal auf den Ausgleich drängten. Am Ende feierten die Zebras mit der "La Ola" einen 27:21-Sieg, zu dem Domagoj Duvnjak sechs Treffer beisteuerte.

Dieser Handball-Nachmittag in der Sparkassen-Arena war einer mit unzähligen Gänsehaut-Momenten. Gänsehaut beim Warmmachen, als die "weiße Wand" bereits für dieses besondere Prickeln sorgte. Gänsehaut beim Einlaufen der "Zebras", das die Arena schon in den Grundfesten erschütterte. Gänsehaut bei der Gedenkminute für den verstorbenen ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Reinhard Ziegenbein, bei der die Fans des Rekordmeisters mit feinem Gespür und einer Mischung aus andächtigem Schweigen und lang anhaltendem Applaus "Reini" die letzte Ehre erwiesen. Gänsehaut in der zweiten Hälfte, in der die Zebras mit einer unfassbaren Defensivleistung die Arena in einen Hexenkessel auf höchster Betriebstemperatur verwandelten. Und Gänsehaut nach dem Schlusspfiff, als die Einheit aus THW-Spielern und schwarz-weißen Fans den wichtigen Erfolg mit der "La Ola" gemeinsam feierten.

Doch der Reihe nach: Der THW Kiel begann stark, war sofort drin in der Partie. Das lag zum einen am unbedingten Willen von Duvnjak, zum anderen am treffsicheren Harald Reinkind. Doch absetzen konnten sich die Schwarz-Weißen nicht. Weil Kirkelökke zu großer Form auflieg, fünf Treffer vor der Pause erzielte. Weil Andy Schmid, aus dem Spiel heraus nicht so auffällig wie zuletzt, sicher von der Strafwurflinie agierte. Weil die Löwen mit kühlem Kopf den bisweilen zu ungestüm agierenden Zebras zusetzten, weil die zweiten Bälle zumeist direkt in den Armen der Mannheimer landeten. Und weil die Mannheimer jede Schwäche der Kieler eiskalt bestraften. Die Folge: Beim 6:5 waren die Gäste erstmals in Führung, bauten diese beim 11:8 (19) auf drei Tore aus und ließen sich auch durch den zwischenzeitlichen 11:11-Ausgleich durch Magnus Landin nicht von ihrem Weg abbringen. Nach Nikoly Bilyks 13:13 waren es Schmid, Groetzki und Appelgren mit einer Parade gegen Bilyk, die den 15:13-Pausenvorsprung für die Gäste herauswarfen.

Auch nach Wiederanpfiff mussten die Kieler kämpfen, gerieten gleich mit dem ersten Angriff gegen die bewegliche Löwen-Abwehr ins drohende Zeitspiel. Mit einem krachenden Wurf und dem 14:15 setzte Duvnjak das erste Signal zur Attacke, das zweite folgte kurz darauf: Niklas Landin hielt einen Siebenmeter von Schmid und parierte auch den Nachwurf des Schweizers - eine emotionale Explosion auf den Rängen war die Folge. Duvnjak traf in Unterzahl zum Ausgleich, Landin hielt gegen den frei vor ihm auftauchenden Tollbring, Duvnjak fand Wiencek am Kreis: 16:15 - der THW Kiel war zurück im Spiel. Und wie: Schmid leistete sich in Unterzahl einen Fehlpass, Ekberg traf ins leere Tor. Duvnjak klaute hinten den Ball und traf vorne zum 18:15 (38.) - Ekstase auf den Rängen, ein Wechsel der Körpersprache bei den Zebras auf dem Feld. 

Fortan wurde jeder Block wie ein Tor gefeiert, wurde jedes Stoppfoul bejubelt, wurde Landin immer mehr zum Faktor. Und doch war dieses Spitzenspiel auch nach Duvnjaks Energieleistung zum 20:16 weit von einer Vorentscheidung entfernt. Auch, weil Niklas Landin wegen angeblichen Meckerns nach einer starken Parade gegen Tollbring eine Zeitstrafe aufgebrummt bekam, die Löwen so in Überzahl wieder in Ballbesitz kamen und diesem zum 17:20 nutzten. Zwei technische Fehler der Kieler weiter waren die Gäste nach zwei Gegenstößen beim 19:20 wieder in Schlagdistanz, hatten gleich mehrfach den Ausgleich vor Augen. Doch die Zebras waren wach: Miha Zarabec fand bei drohendem Zeitspiel mit dem letzten Pass den an den Kreis eingelaufenen Magnus Landin - 21:19. Hendrik Pekeler holte einen Siebenmeter heraus, den Ekberg zum 22:19 verwandelte. Doch die Löwen blieben dran, verkürzten durch Tollbring und hatten durch Schmid die Möglichkeit, weiter Druck auszuüben - Niklas Landin hielt für diese Bemühungen ein ganz großes Stoppschild in der Hand.

Und dann war da ja auch noch Magnus Landin. Längst waren die Löwen "all in " gegangen, setzten auf den siebten Feldspieler im Angriff. Mit zwei Kreisläufern gingen die Löwen in die Schlussphase, Kohlbacher sollte sich so aus der engen Bewachung des Kieler Mittelblocks Pekeler/Wiencek befreien. Doch er hatte die Rechnung ohne Landin gemacht: Der Linksaußen stiebitzte mit langen Armen und schnellen Händen die eigentlich kaum zu verteidigenden Anspiele von Schmid auf Kohlbacher, ermöglichte so Zarabec Kracher zum 24:21 (55.). Belohnte sich für dieselbe Aktion mit einem Konter zum 25:21 - und stellte damit vier Minuten vor dem Ende die Zeichen endgültig auf Sieg. Die Kieler Abwehr - unbezingbar. Block Bilyk, Block Pekeler, Block Wiencek, Steal Landin - das sendete weitere Signale aus. Auf den Rängen wurde gefeiert, und auf dem Feld belohnten sich die Zebras noch mit den Treffern 26 und 27 - ehe sie gemeinsam mit der "weißen Wand" einen ganz wichtigen Sieg feierten. Der letzte Gänsehaut-Moment eines emotionalen Nachmittags.

Die Zebras verabschiedeten sich nach der Partie erst einmal in eine kurze Verschnaufpause: Bundestrainer Alfred Gislason wird ab Montag die deutsche Nationalmannschaf zum Lehrgang in Aschersleben versammeln. Von THW-Seite mit dabei: Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek und Steffen Weinhold. Höhepunt des Vorbereitungs-Lehrgangs auf die Olympia-Qualifikation Mitte April ist das Testspiel gegen die Niederlande (Freitag, 13. März, 18 Uhr live in der ARD Sportschau). Währenddessen werden alle anderen Zebras sich in Kiel auf die nächste Herausforderung in der stärksten Liga der Welt vorbereiten: Am Donnerstag, 19. März, ist der THW Kiel bei den Eulen in Ludwigshafen gefordert. Die Eulen kämpfen einmal mehr verbissen um den Klassenerhalt und sind so etwas wie die Mannschaft der Stunde in der unteren Tabellenregion: Neun Punkte aus den vergangenen neun Spielen ließen sie auf Rang 16 emporklettern. Stark sind die Ludwigshafener vor allen Dingen in der kleinen "Ebert-Hölle": In der nur etwas mehr als 2250 Zuschauer fassenden Friedrich-Ebert-Halle  besiegten die Eulen in dieser Spielzeit bereits den Titelverteidiger aus Flensburg und holten ein Unentschieden gegen Melsungen. Weiter geht's in Ludwigshafen, Kiel!

THW Kiel: N. Landin (1.44., 46.-60., 14/1 Paraden), Quenstedt (44.-46. und 1 Siebenmeter, keine Parade); Duvnjak (6), Reinkind (4), M. Landin (4), Weinhold (1), Wiencek (3), Ekberg (5/3), Rahmel (n.e.), Dahmke, Zarabec (2), Horak (n.e.), Bilyk (3), Pekeler, Nilsson (1); Trainer: Jicha

Rhein-Neckar Löwen: Appelgren (1.-30., 38.-60., 12/1 Paraden), Palicka (30.-38. und 1 Siebenmeter, keine Parade); Schmid (6/4), Kirkeløkke (6), Lagarde, Tollbring (2), Abutovic, Mensah (1), Fäth, Groetzki (2), Guardiola (1), Petersson, Ganz, Kohlbacher (2), Gislason, Kessler; Trainer: Schwalb

Quelle: THW

Foto: Klahn