31.08.2019  2. HBL

Lübeck bejubelt umkämpften Sieg gegen Gummersbach

Kein Spiel für schwache Nerven sahen die Zuschauer am Freitagabend in der Lübecker „Hansehölle“. Bei der Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte musste Gummersbachs Trainer Torge Greve in den ersten Minuten ein Feuerwerk seiner ehemaligen Mannschaft miterleben. Bis zum Zwischenstand von 9:1 setzten sich die Lübecker vom ehemaligen Rekordmeister ab. Dann entwickelte sich eine packende Partie, in der die Hansestädter am Ende aber mit 22:20 die Oberhand behielten.

So muss ein Handballabend sein! 2.008 Zuschauer haben sich beim ersten Heimspiel nicht davon abhalten lassen, in die Hansehölle, die ihren Namen am zweiten Spieltag gleich in doppelter Hinsicht verdient hatte, zu kommen. Bei tropischen Temperaturen war mit dem VfL Gummersbach nicht nur der Traditionsverein im deutschen Handball zu Gast, sondern auch einer der ersten Anwärter auf den Aufstieg. Deren Trainer Torge Greve sah allerdings aufgrund der vielen Neuen in seinem Kader und der Niederlage im Pokal vor 13 Tagen an gleicher Stelle die Favoritenrolle bei den Schwartauern: „In Lübeck zu bestehen, das ist eine der schwersten Aufgaben überhaupt.“ Diese Ansicht teilten wahrscheinlich nicht wenige VfL-Anhänger. Ein Fan vor dem Spiel: „Wir gewinnen mit zwei Toren Differenz!“

Und die Mannschaft von Piotr Przybecki begann im höchsten Gang! Ein Bericht im Stenogramm-Stil: 1:0 Schrader, Hansen fängt einen Pass ab, 2:0 Bruhn, Klockmann hält, 3:0 Gonschor, erneut Klockmann, 4:0 und 5:0 Raguse, Auszeit Greve – die Halle stand das erst Mal! Torge Greve dazu: „Wir sind die ersten zehn Minuten überhaupt nicht aus dem Quark gekommen, hatten kein Zug zum Tor. Ich kann mir das auch nicht richtig erklären. Schwartau hat uns förmlich überrollt.“ Piotr Przybecki zum Start seiner Mannschaft: „Wir haben losgelegt wie die Feuerwehr und am Anfang keine Fehler gemacht. Die Abwehr stand wie eine Wand und Dennis Klockmann hat hervorragend gehalten. Wir waren richtig heiß und haben gerade zu Beginn mit unserer „Jugendabteilung“ Raguse, Gonschor und Bruhn einen richtig guten Start hingelegt. Uns war aber klar, dass das Spiel so nicht über 60 Minuten laufen wird.“ Bis zum 9:1 der Hausherren drohte dem ehemaligen Deutschen Meister aus dem Oberbergischen ein Debakel. Auffällig bei den Gastgebern: Im Vergleich zum Pokalspiel, in dem der Rückraum dominierte, fanden Markus Hansen und Co. immer wieder erfolgreich den Weg an den Kreis. Das zeigt auch, wie variantenreich die Schwartauer ihr Spiel gestalten können. So sah sich Greve bereits in der elften Minute gezwungen, seine zweite Auszeit zu nehmen. Und mit der Einwechselung von Spielmacher Robin Haller kam tatsächlich mehr Gefährlichkeit in die Angriffe und Gummersbach startete seine Aufholjagd.

Beim 10:7 (19.) nahmen die Gäste erstmals Tuchfühlung auf und es wurde allen Anwesenden klar, dass an diesem Abend kein Zuschauer um ein spannungsvolles Spiel herumkommen sollte. Insbesondere nach der zweiten Zwei-Minuten-Strafe gegen VfL-Kapitän Martin Waschul witterte Gummersbach die Chance auf etwas Zählbares. Dass es mit einem 14:11 für die Gastgeber in die Pause ging, war erneut Dennis Klockmann und seiner Abwehr zu verdanken. Durchschnaufen!

Nach dem Seitenwechsel stotterte der Angriffsmotor der Lübecker noch ein wenig. Gummersbach kam Tor um Tor heran und konnte bei Stand von 15:15 (41.) erstmalig gleichziehen. Das Spiel stand jetzt auf des Messers Schneide. Einem 3:0-Lauf der Schwartauer folgte ein 3:0-Lauf der Gummersbacher. Es war ein atemberaubender Fight – 18:18. Jetzt kam die Phase von Jan Schult. Von der Bank kommend fand der Routinier gut ins Spiel, erzielte drei Tore in Folge, holte mit all seiner Erfahrung eine Zwei-Minuten-Strafe gegen Bozovic heraus und gab seiner Mannschaft so wieder etwas mehr Sicherheit (51.). Przybecki zu seinem Shooter: „Jan muss man sehr positiv erwähnen. Er hat nach seiner Verletzung kaum trainiert, uns aber nach seiner Einwechselung enorm geholfen – vorne wie hinten.“ Das sah auch Torge Greve so: „Wohl dem, der einen Jan Schult bringen kann.“ Die Halle stand Kopf!

Aber damit gab sich der VfL Gummersbach immer noch nicht geschlagen, kam noch einmal auf 21:20 heran. Die Schlussminuten waren Spannung pur und hier noch einmal in Kürze: Parade des Gummersbachers Ivic, Chance auf den Ausgleich, Fußfehler Gummersbach, Tor Finn Kretschmer, Parade Dennis Klockmann, Abpfiff, Jubel, Erleichterung!

Schwartau-Trainer Piotr Przybecki mit seinem Fazit: „Ich bin sehr zufrieden mit meiner Mannschaft. Sie hat alles rausgehauen, was in ihr steckt. Gummersbach war der erwartet schwierige Gegner und hatte aufgrund der zweiten Hälfte vielleicht sogar einen Punkt verdient. Wir mussten einige Ausfälle verkraften. Dass irgendwann die Kräfte schwinden oder wir aufgrund fehlender Erfahrung auch mal die falsche Entscheidung treffen, ist normal. Aber wir haben diese schwierige personelle Situation als Mannschaft gelöst. Wer auf die Platte kam, war sofort da, konnte für Entlastung sorgen und neue Impulse geben. So können wir die nächsten Aufgaben angehen.“

Randnotiz 1: Beste Werfer waren beim VfL Lübeck-Schwartau Fynn Gonschor und Finn Kretschmer mit jeweils vier Toren und bei den Gummersbachern Janko Bozovic mit sieben Treffern. Ebenfalls erwähnenswert: Dennis Klockmann entschied das Torhüterduell gegen Filip Ivic für sich, hielt 43 % aller Bälle, die auf sein Tor kamen (15 Paraden).

Randnotiz 2: Der VfL Lübeck-Schwartau hat nicht nur 4:0 Punkte nach zwei Spieltagen, sondern auch sehr tippsichere Fans!

 
Foto: Koenig