
Das Duell der Aufsteiger: Zwei Trainer, vier Punkte, sieben Fragen
Misha Kaufmann und Jens Bürkle haben vieles gemeinsam: Die beiden Trainer feierten mit ihren Mannschaften ThSV Eisenach und HBW Balingen-Weilstetten die Rückkehr in die LIQUI MOLY HBL, beide starteten mit starken 4:4 Punkten in die neue Saison und beide kämpfen um den Klassenerhalt. Am Freitag (20 Uhr, live bei Dyn) kommt es in Eisenach zum Aufsteigerduell – das in der vergangenen Zweitliga-Spielzeit zweimal remis endete. Beide Trainer sind sich im Doppel-Interview einig: die Fans werden eine wichtige Rolle spielen.
Beide Aufsteiger sind mit 4:2 Punkten gestartet, stehen vor dem direkten Duell auf 4:4 Zählern. War dieses Ergebnis ein Wunschtraum oder hatten Sie damit gerechnet?
Misha Kaufmann (ThSV Eisenach): Wir wären schlecht beraten, wären wir nicht überzeugt, auch in dieser Liga Spiele gewinnen zu können. Ich investiere alles, damit meine Mannschaft erfolgreich ist. Ich habe vorab nichts ausgerechnet, das sollen andere machen. Ich will jedes Spiel gewinnen, mit 100 Prozent Herz, Leidenschaft und Akribie. Egal, wie klein die Siegchance ist, wir wollen sie ergreifen.
Jens Bürkle (HBW Balingen-Weilstetten): Damit rechnen kann man nie. Wir hatten zum Start extreme schwere Spiele mit Kiel, Stuttgart und dem BHC. Man kann hoffen, diese Spiele zu gewinnen, aber davon ausgehen kann man nie.
Was waren die wichtigsten Punkte, die Sie aus der Vorbereitung und dem Saisonstart für den Rest der Saison mitgenommen haben?
Misha Kaufmann: Es galt, die neuen Spieler schnellstmöglich zu integrieren, die seit zweieinhalb Jahren uns prägende Mentalität auszubauen, zu feilen, zu verbessern, damit ein klares taktisches Bild entsteht.
Jens Bürkle: Das Wichtigste war, dass wir gezeigt haben, dass wir mithalten können. Gegen den BHC haben wir nicht extrem gut gespielt, da waren viele gute Sachen dabei, andere liefen noch nicht so toll – und wir haben gewonnen. Gegen den TVB haben wir ein sehr gutes Spiel abgeliefert, und auch in Erlangen hatten wir nach einem eher mittelmäßigen Spiel die Chance zu punkten. Es ist gut zu sehen, dass wir mithalten können.
Meist werden die Aufsteiger als erste Kandidaten genannt, die einzig gegen den Abstieg kämpfen. Ist das auch Ihre Meinung?
Misha Kaufmann: Ich würde das Wort „meist“ streichen. Aufsteiger werden immer als erste Abstiegskandidaten genannt. Ja, wir sind gut gestartet, das heißt aber nicht, dass wir nicht gegen den Abstieg spielen. Die vier Punkte zum Saisonstart sind eine schöne Momentaufnahme. Ich rate dringend davon ab, diese als selbstverständlich einzustufen. Das ist eine gefährliche Situation. Die Medien haben uns hochgejubelt, meine Mannschaft agierte in Stuttgart fahrlässig, setzte vieles nicht um und quittierte das mit einer 22:28-Niederlage. Mein Job ist es, sie wieder auf die richtige Spur zu bringen. Auf was setzen wir? Wir probieren was Neues, sind mutig, arbeiten zugleich sehr detailliert. Wir machen ein paar Sachen anders als die Konkurrenz. Das Team steht ganz oben. Jeder bringt seine Fähigkeiten, sein Optimum ein, um zu punkten.
Jens Bürkle: Klar, das ist so, Eisenach und wir werden um den Klassenkampf kämpfen. Andere Mannschaften haben einfach eine ganz andere Qualität im Kader, das kann man nicht vergleichen. Der BHC hat von Europa geträumt, der TVB will Zehnter werden – die Zahl der Teams, die von der Qualität um den siebten Platz mitspielen können und wollen, ist höher geworden.
Werden in dieser Saison somit mehr Mannschaften um den Klassenerhalt kämpfen als 2022/23?
Misha Kaufmann: Mit diesem Thema beschäftige ich mich nicht.
Jens Bürkle: Das kann man jetzt noch nicht sagen, da kommen viele Faktoren wie Verletzungen dazu oder wie sich Mannschaften auch im Saisonverlauf entwickeln. Wir wünschen uns, eine erfolgreiche Saison und guten Handball zu spielen und gesund durch die Spielzeit zu kommen. Wir wollen zeigen, dass wir in die LIQUI MOLY HBL gehören. Wie stabil unsere Mannschaft auf diesem Weg ist, werden auch erst Niederlagen zeigen, die man vielleicht nicht auf der Rechnung hat.
Was macht Ihre Mannschaft aktuell stark, wo sehen Sie die Stärken des Gegners?
Misha Kaufmann: Unsere Abwehr macht uns stark. Aus ihr ziehen wir viel Kraft. Wir bauen zugleich auf ein diszipliniertes Angriffsspiel. Dass der HBW Balingen-Weilstetten eine Top-Mannschaft ist, hat er in der Vorsaison gezeigt. Wir spielten beide Male Remis. Seine Qualitäten hat Balingen-Weilstetten auch zum Saisonstart 2023/2024 gezeigt. Sie haben Klasse-Spieler. Ich rechne mit einem engen Spiel. Wir müssen die erste und zweite Welle unterbinden, die Gäste nicht ins Tempospiel kommen lassen. Sie bauen, ähnlich wie wir, auf eine starke Abwehr. Doch wir gestalten unsere Abwehr anders.
Jens Bürkle: Auch wenn die Spielweise sowohl in Abwehr und Angriff unterschiedlich ist, haben beide Vereine doch viele Gemeinsamkeiten, zum Beispiel, was die Halle, das Umfeld oder die finanziellen Möglichkeiten betrifft. Da sind wir uns sehr ähnlich.
Beide Duelle in der Vorsaison endeten in der 2. HBL remis – deutet sich nun wieder ein Unentschieden an, oder gibt es einen Favoriten?
Misha Kaufmann: Nein, das glaube ich nicht. Wir sind in dieser Liga in keinem Spiel Favorit.
Jens Bürkle: Das wird ein ganz neues Spiel an einem neuen Tag. In solchen Spielen entscheidet die Tagesform, an einem guten Tag ist vieles möglich – für uns und für Eisenach. Ich erwarte daher einen offenen Ausgang. Die beiden Partien in der Vorsaison waren fantastische Spiele, was Leidenschaft, Taktik und Spielwitz betrifft.
Welche Rollen spielen die Fans in dieser Partie?
Misha Kaufmann: Eine entscheidende. Unsere Halle bildet einen gewaltigen Rückhalt. In Eisenach muss man uns als Mannschaft und auch die Halle besiegen. Und das wird keine einfache, sondern eine extrem schwere Aufgabe.
Jens Bürkle: Fans können dem jeweiligen Heimverein natürlich einen Schub versetzen, dafür ist Eisenach bekannt, aber auch Balingen. Egal, wie das Spiel am Freitag ausgeht, die Eisenacher Fans werden zu ihrer Mannschaft stehen, und das ist gut so. Denn auch ich habe großen Respekt vor dem, was Eisenach leistet.