21.04.2022  DHB-Pokal

„Aus dem Glauben ist Wissen geworden": Interview mit SCM-Erfolgscoach Bennet Wiegert

Der SC Magdeburg hat sich unter Trainer Bennet Wiegert zum aktuellen Maß der Dinge entwickelt. Dafür gab es einen besonderen Moment, wie Wiegert im Interview verrät.

Herr Wiegert, der SC Magdeburg reist als Bundesliga-Spitzenreiter zum REWE Final4 2022. Überrascht es Sie eigentlich, wie gut Ihr Team in dieser Saison ist?

Bennet Wiegert (40): Ja, das überrascht mich schon. Wir versuchen seit Jahren, den Kader konstant weiterzuentwickeln, Schritt für Schritt an kleinen Stellschrauben zu drehen. Dabei ist eine positive Entwicklung erkennbar. Platz 3 in der vergangenen Saison war auch schon gut. Aber da hatten wir mit dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt zwei Teams vor uns, die praktisch ohne Aussetzer überragend durchperformt haben. Bisher haben jedoch gerade wir eine sehr große Konstanz.

Und deshalb ist der SC Magdeburg Favorit auf den Gewinn des DHB-Pokals!

Wiegert: Falsch. Beim REWE Final4 gibt es keine Favoriten. Weil bei diesem Wettbewerb nie die Form zählt, die man vor der Anreise nach Hamburg hat. Hier zählt nur die Tagesform. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin als Spieler und Trainer in Hamburg öfter gescheitert als ich Erfolg hatte. Als Spieler habe ich mal einen entscheidenden Siebenmeter vergeben. Andererseits war ich 2016 gerade ein paar Monate Trainer des SC Magdeburg, als wir den Pokal gewonnen haben.

Im Interview mit der „Volksstimme“ haben Sie verraten, dass Sie generell das Risiko scheuen, auch als Trainer. Das sei nicht immer richtig. Wie passt das zur attraktiven, offensiven Spielweise des SCM?

Wiegert: Mein Anspruch als Trainer ist es auch ein „Game Changer“ zu sein, also der, der in entscheidenden Momenten das Richtige tut. Deshalb bereite ich mich intensiv vor, Antworten auf alle Eventualitäten zu haben. Das Eingehen von Risiken ist dabei nicht meine Stärke, eher vielleicht meine Ruhe in stressigen Situationen.

Für Gegner des SC Magdeburg ist der größte Stress, dass ihr Team so schnell spielt, richtig?

Wiegert: Es stimmt, dass wir eine andere, eine eigene Philosophie verfolgen. Dafür wird man gelobt, wenn es funktioniert. Anders sieht es aus, wenn es nicht funktioniert. Wie bei unserer 25:30-Heimniederlage im März gegen den  THW Kiel. Da kamen wir an unsere körperlichen Grenzen.

 

Auf den THW könnten Sie im Endspiel des REWE Final4 treffen. Heißt das, dass Sie für diesen Fall taktisch anders spielen würden als in der Liga?

Wiegert: Wir haben aus der Niederlage unsere Schlüsse gezogen. Aber systemisch wollen und werden wir nichts ändern.

Gab es für Sie den einen Moment, in dem ihr Team den Aufstieg vom „Jäger“ zum „Gejagten“ vollzogen hat?

Wiegert: Von ganz enormer Bedeutung war unser Sieg beim Super Globe 2021, der Klub-WM in Saudi-Arabien. Vorher glaubten unsere  Spieler, wir im Klub, dass wir gegen die ganz Großen siegen, mithalten können. Im Endspiel bezwangen wir den FC Barcelona. Seitdem ist aus dem Glauben Wissen geworden.

Foto: Anderson-Jensen