02.06.2021  DHB-Pokal

Zahlenspiele mit Sander Sagosen: Talent, Kraft und Können

Beim THW Kiel kennen sie das schon. Bevor Sander Sagosen (25) die Gegner sprichwörtlich rasiert, rasiert er sich erstmal selbst. Der norwegische Rückraum-Stratege des deutschen Rekordmeisters und Titelverteidigers beim REWE Final4 2020 duscht sich grundsätzlich vor allen Partien. Dann rasiert er sich.

Dieses Hygiene-Frische-Ritual ist fester Bestandteil im klassischen Ablaufplan von Sagosen an allen Spieltagen: „Dann weiß ich – es ist Spielzeit.“ Und genau die macht der Rechtshänder nicht selten zu einem Ereignis, einem Hochgenuß für Handball-Freunde.

"Sander ist der beste Handballer der Welt.“ Das sagt sein Kieler Teamgefährte Domagoj Duvnjak – der als Welthandballer 2013 immerhin selbst schon Mal als solcher ausgezeichnet wurde. Aktueller Welthandballer ist ein weiterer Mannschaftskollege, nämlich Kiels dänischer Weltmeister-Torwart Niklas Landin. Der geht sicher davon aus, dass „auch Sander ganz bestimmt noch mal Welthandballer wird“. Auch dafür ist Sagosen 2020 von Paris Saint Germain nach Kiel gewechselt.

Es wäre eine geradezu logische Folge einer sehr logisch, planvoll und selbstbewusst geplanten Karriere. Denn Sagosen ist nicht nur die bloße Mischung von Talent, Kraft und Können. Er hat das vorhandene Talent nur als Basis genutzt, um sich als Ausnahme-Handballer praktisch selbst zu erschaffen.

An Zahlen lässt sich diese Selbst-Modellierung prima belegen.

7: „Ich war sieben Jahre alt, als alle meine Freunde Fußball-Profi werden wollten. Ich nicht. Ich wollte der beste Handballer der Welt werden.“ Gedankenlos-kindische Träumerei? Nein. Klein-Sander wurde in eine Sportler-Familie hineingeboren. Sein Vater war Handball-Profi, seine Mutter Fußball-Profi. Da wird über sportliche Ambitionen nicht gescherzt.

13: So alt war Sander Sagosen, als sein Vater für die Ziele seines Sohnes zur Tat schritt. Im Keller des Familienhauses richtete er einen Kraftraum ein. Zudem legte er im heimischen Garten einen 12 Meter langen Kunstrasen-Teppich aus – damit bei jedem Wetter Ballsport möglich war. Zudem wurde „Schul-Fernsehen“ eingeführt. Sander Sagosen musste (und wollte vor allem auch) zusammen mit seinem Vater Handballspiele, vor allem Champions League, im Fernsehen schauen: um Spieler, Spiele, Spielzüge, Bewegungsabläufe zu studieren. Sander sog alles auf, denn „niemand kann dich zwingen, gut zu sein. Dieser Antrieb muss aus dir selbst kommen. Und meine Essenz von Handball ist: Du musst von allen lernen wollen.“

5: In Kiel ist er umgeben von Kollegen, von denen selbst er noch lernen kann. Und er hat mit Filip Jicha einen ähnlich besessen-ehrgeizigen Trainer – der selbst im Rückraum einer der Größten (Welthandballer 2010) gewesen ist. Und auch Jicha weiß natürlich, dass Sagosen fünf Stunden vor Anwurf – zumindest bei Heimspielen – seinen Teller Spaghetti Carbonara braucht. 

Foto: Sascha Klahn