01.06.2021  DHB-Pokal

TBV Lemgo Lippe: Große Historie, spannende Gegenwart

Am 20. Juni 1954 verlor die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in der Vorrunde der WM gegen Ungarn mit 3:8. Im Finale 14 Tage später besiegte Deutschland jedoch die turmhoch favorisierten Ungarn mit 3:2.

Am 24. Mai verlor der TBV Lemgo Lippe das Meisterschaftsspiel in der LIQUI MOLY HBL beim turmhoch favorisierten THW Kiel. Beim Halbfinale im REWE Final4 2020 zehn Tage gegen den THW Kiel jedoch.....?

"Wir kommen nicht als Sparringspartner nach Hamburg, wir wollen unsere Chance nutzen“, sagt Lemgos Trainer Florian Kehrmann. Seit 2014 trainiert er den Klub, für den er von 1999 bis 2014 gespielt hat. Mit und vor allem dank Rechtsaußen Kehrmann wurde der TBV Pokalsieger 2002, Meister 2003 sowie EHF-Pokalsieger 2006 und 2010. Das waren ruhmreiche Zeiten für den Verein in einer Stadt und Region, in der der Handball Anker und Fixpunkt der Menschen ist. „Die Handball-Landschaft hat sich verändert. Wir müssen annehmen, dass wir ein Ausbildungsverein sind“, sagt Kehrmann. 

Natürlich ist sein TBV nur Außenseiter im Kampf um den DHB-Pokal. Aber ein Außenseiter mit Chancen. Denn das REWE Final4 2020 ist schlichtweg das wichtigste Event des Klubs seit vielen Jahren. So wird er es angehen. Kehrmann hat den Verein mit Nervenstärke, Ruhe, Kompetenz und Hingabe nach jahrelangem Abstiegskampf wieder im Zentrum der Liga etabliert. Der Blick geht zumindest wieder dezent nach oben.

Als im Vorjahr die Corona-Pandemie den ursprünglichen Austragungstermin des REWE Final 4 2020 kippte, da lag der TBV Lemgo Lippe auf Platz drei der Rückrundentabelle. Vor allem der Achtelfinal-Erfolg (27:24) gegen den Bergischen HC galt als zentraler Punkt, denn laut Kehrmann war „dieser Sieg eine Initialzündung, hat uns einen Schub gegeben und die Überzeugung wachsen lassen, dass es bei uns laufen könnte“. Das Selbstverständnis wuchs. Das zeigte sich beim 26:23 im Viertelfinale bei den Eulen Ludwigshafen, aber vor allem auch in dieser Spielzeit. Aktuell geht es immerhin darum, einen einstelligen Tabellenplatz zu erreichen. Das wäre ein großer Erfolg.

Der TBV Lemgo Lippe hat einige der spannendsten Profis der LIQUI MOLY HBL in seinen Reihen. In der Wahrnehmung sticht dabei vor allem der isländische Torjäger Bjarki Mar Elisson heraus. „Einen so auf Tore versessenen Spieler habe ich wohl noch nie erlebt. Sein Drang zum Tor und seine Trefferquote sind sensationell“, lobt ihr TBV-Kapitän und Routinier Andrej Kogut. 

Elisson ist Linksaußen von internationalem Format, sein Trainer Kehrmann war ein Rechtsaußen von internationalem Format. Es hilft, wenn der Coach weiß, wie der wichtigste Torjäger tickt.

Weniger auffällig – aber mindestens ebenso wichtig – ist Lemgos schwedischer Chefstratege Jonathan Carlsbogard (siehe Portrait). 

Auch Handball-Romantiker haben ihre Freude am TBV. Denn auf Rechtsaußen macht sich Lukas Zerbe zunehmend unentbehrlich. Er verwandelt über 78 Prozent seiner Würfe. Das ist top – und damit nur richtig für jemanden mit dem Nachnamen Zerbe. Er ist der Neffe von Lemgos Klub-Legende Volker Zerbe, der nie für einen anderen Klub spielte (1986 – 2006).

Foto: Angela Metge