02.06.2021  DHB-Pokal

Zahlenspiele mit Timo Kastening: Maximaler Erfolg, maximaler Fokus!

Wenn Timo Kastening (25) pro Saison nur einen Titel feiern kann, dann ist das genau genommen gar kein Grund zum Feiern. Ein Titel nur? Reicht nicht. Zumindest nicht beim FC Bayern München, dem Serienmeister (aktuell neunmal in Folge) des deutschen Fußballs.

Kastening ist leidenschaftlicher Fan und sogar Mitglied des deutschen Rekord-Meisters mit den chronischen Triple-Ansprüchen. Dieses Jahr mussten sich die Bayern tatsächlich „nur“ mit der Meisterschaft bescheiden. Damit war Bayerns neuer Klubchef Oliver Kahn, zu Torwart-Zeiten mit Kampfname „Titan“ Schrecken aller gegnerischen Stürmer, natürlich auch kaum zufrieden.

Genau diese Unzufriedenheit gefällt Kastening: „Kahn war eines meiner Vorbilder, als ich klein war. Denn ich finde großartig, wofür dieser Sportler und dieser Verein stehen. Maximaler Erfolg, maximaler Fokus.“ Für Kastening ist das die gewünschte Blaupause der eigenen Laufbahn.

Seit dieser Saison ist Kastening Rechtsaußen der MT Melsungen, er kam von Hannover-Burgdorf zu den ambitionierten Hessen. Anders als Kahn hat Kastening im Seniorenbereich noch keinen einzigen Titel gewonnen (wurde allerdings 2012 mit der U18 und 2014 mit der U20 Europameister).

Kein anderer deutscher Handballer hat in der jüngsten Vergangenheit einen solch machtvollen Leistungsschub vollzogen. Als Tobias Reichmann 2016 mit Deutschland in Polen sensationell Europameister wurde, da war Kastening noch zwei Jahre von seiner ersten Nominierung für die Nationalmannschaft entfernt.

Aber nun hat er Reichmann dort und bei der MT Melsungen als Stamm-Rechtsaußen abgelöst. Er wurde 2019 Deutschlands Handballer des Jahres und zeigt seitdem, dass er das Potenzial zu einem Außen von Weltklasse-Format besitzt. Damit war für Kastening im Teenager-Alter nicht zu rechnen:

2007: Das Jahr der Schock-Diagnose für den jungen Timo. Da wurde bei ihm ein Knochentumor an der Wirbelsäule entdeckt. Der war zum Glück nicht bösartig, wurde entfernt – und nach nur eineinhalb Monaten durfte Kastening wieder Handball spielen. 

14: Kastening war 14 Jahre jung, als er den familiären Bauernhof in Burgdorf verließ, um auf das Sportinternat in Hannover zu wechseln. Ein Katapult-Start ins Erwachsenwerden, ein Kultur-Wechsel: Stadt statt Dorf, Konkurrenz statt Kumpels. Viele scheitern an Derlei. Kastening nicht. Er konzentrierte sich voll auf den Sport, biss sich durch.

11: Kastening ist clever und klug, war aber nie gerne Schüler. Die elfte Klasse hätte er wiederholen müssen. Er brach daraufhin die Schule ab und machte eine Lehre als Bankkaufmann. Zu Absicherung.

77: Bis Ende Mai lag die Trefferquote von Kastening als Rechtsaußen der MT Melsungen bei über 77 Prozent. Und das in seinem ersten Jahr im Verein – eine starke Quote. Will die MT das REWE Final4 2020 gewinnen und mit dem DHB-Pokal den ersten Titel der Klubgeschichte holen – dann muss Kastening bestenfalls eine solche Quote liefern. 

Foto: Alibek Käsler