09.11.2022  LIQUI MOLY HBL

ÜberZahl – Die Zahlenkolumne: Warum jeder einzelne Fan für den Heimvorteil wichtig ist

Der Heimvorteil ist zurück! Durch die leeren Hallen in der Corona-Pandemie war der Vorteil, Spiele in der eigenen Halle und mit den eigenen Fans im Rücken auszutragen, fast verschwunden. Das hat sich nun aber wieder geändert. In der neuen Ausgabe von „ÜberZahl“ analysiert Datenanalyst Julian Rux, wie sich die Rückkehr der Zuschauer ausgewirkt hat, wie sich der Heimvorteil genau zeigt und warum jeder einzelne Fan wichtig ist.

Am vergangenen Wochenende wird sich so mancher Handballfan verwundert die Augen gerieben haben. Der Spitzenreiter Füchse Berlin verlor beim Letzten in Minden und die furios in die Saison gestarteten Rhein-Neckar Löwen mussten beide Punkte in Hamburg lassen. Doch auch in vier weiteren Hallen durften die Heimfans einen Sieg ihrer Mannschaft bejubeln. Sechs der acht Spiele in der vergangenen wurden nämlich vom Heimteam gewonnen. Damit bestätigt sich ein Trend, der schon im gesamten bisherigen Saisonverlauf zu beobachten war: Der Heimvorteil scheint mit der Rückkehr der Zuschauer wieder an Bedeutung zu gewinnen!

Der Heimvorteil wurde schon vor Corona immer geringer

Dies mag zumindest mit Blick auf die vergangenen beiden Jahre stimmen, doch blickt man noch etwas weiter in die Vergangenheit, so zeigt sich ein etwas anderes Bild. Seit der Wiederzulassung der Zuschuaer ist zwar ein Anstieg an Gastgeber-Siegen zu erkennen, doch bereits vor der Corona-Pandemie war der Heimvorteil auf dem absteigenden Ast und liegt auch jetzt bei weitem nicht auf dem früheren Niveau.

In den Achtzigern und Neunzigern holte das Heimteam durchschnittlich noch über 1,4 Punkte pro Spiel. Der Höhepunkt war dabei die Saison 1988/89 mit 1,57. In den Nullerjahren waren es immerhin noch knapp unter 1,3.

Im letzten Jahrzehnt sanken die Heimpunkte dann sogar auf unter 1,2 pro Spiel. Der Tiefpunkt war die Saison 2020/21 mit nur 1,08 Punkten, die im Schnnitt bei den Heimteams blieben, der Heimvorteil war damit quasi bedeutungslos. In der aktuellen Saison geht der Trend jedoch wieder deutlich nach oben.

Je voller die Halle, desto größer der Heimvorteil

Doch was sind die Faktoren, dass der Heimvorteil nachwievor eine Rolle spielt? Ein deutlicher Zusammenhang zeigt sich mit Blick auf die Auslastung der Halle. Die Daten hierfür liegen seit der Saison 2017/18 vor. Je größer seither die Anzahl der Zuschauer an der Kapazität der Halle war, desto häufiger wurden in diesem Zeitraum die Spiele vom Heimteam gewonnen.

Bei Spielen mit einer Auslastung von null bis 25 Prozent, wovon es aufgrund der Pandemie leider einige gab, wurden nur 50,5 % der Spiele vom Gastgeber gewonnen. Bei einer Auslastung von über 95 Prozent ging zu 59,2 % das Heimteam als Sieger vom Platz.

Detaillierte Statistiken zu allen Spielen liegen ebenfalls erst seit der Saison 2017/18 vor. Seither ist insgesamt die Wurfquote des Heimteams mit 62,4 % um 2,5 Prozentpunkte besser als die des Gästeteams. Mit 9,1 Ballverlusten pro 50 Ballbesitzen verliert das Heimteam im Durchschnitt 0,5-mal weniger den Ball als der Gast. Insgesamt liegt die Angriffsleistung der Heimmannschaft bei 27,8 Toren pro 50 Ballbesitzen gegenüber 26,6 bei der Auswärtsmannschaft.

Werden die Spiel-Statistiken nach der Auslastung betrachtet, gibt es kleinere Schwankungen. Bei einer Auslastung von über 95 Prozent sind die Effizienzwerte des Gastgebers am höchsten und die des Gastes am niedrigsten. Sie kommen dann auf 28,0 beziehungsweise 26,5 Tore pro 50 Ballbesitze. Bei geringeren Auslastungen lässt sich kein klarer Trend ableiten.

Volle Hallen und entsprechend lautere Unterstützung bringen den Heimmannschaften also immer noch einen großen Vorteil. Besonders in der heutigen Zeit, in der die Zuschauerzahlen nicht nur bei Sportveranstaltungen, sondern auch bei Konzerten und sonstigen kulturellen Events, hinter denen vor der Pandemie zurückliegen, trägt jeder einzelne Fan einen Teil zum Sieg seines Teams bei.

Julian Rux ist Datenanalyst und Datenjournalist. Auf seinem Blog Handballytics.de analysiert er aus neuen, datenbasierten Blickwinkeln alle möglichen Themen rund um den Handball. Ihr findet ihn auch auf InstagramFacebook und Twitter.