17.05.2023  LIQUI MOLY HBL

ÜberZahl – Die Zahlenkolumne: Kay Smits und Ómar Ingi Magnússon im Zahlen-Vergleich

Lediglich 15 Spiele absolvierte Ómar Ingi Magnússon, der „DKB MVP der Saison 2021/22“, in der laufenden Saison, bis er sich verletzte. Seinen Platz im rechten Rückraum des SC Magdeburg übernimmt seither sein eigentlicher Back-up Kay Smits, der sich direkt zwei Mal zum „DKB Spieler des Monats“ warf. In der neuen Ausgabe von „ÜberZahl“ vergleicht Datenanalyst Julian Rux die beiden Linkshänder des amtierenden Meisters.

Auch in der aktuellen Spielzeit legte Ómar Ingi Magnússon wieder stark los und mischte an der Spitze der Torjägerliste mit, bis er sich bei der Weltmeisterschaft im Januar an der Ferse verletzte. Zumindest die Torschützenliste nach Toren pro Spiel führt der Isländer mit 6,8 Treffern weiterhin an.

Bereits auf Platz elf der Torschützenliste pro Spiel folgt mit Kay Smits der eigentliche Ersatzmann für Magnússon mit 5,5 Toren. Den Großteil davon erzielte er allerdings in den Spielen im aktuellen Kalenderjahr. Denn zuvor war für ihn kaum ein Vorbeikommen am „DKB MVP“ der vergangenen Saison.

46,6 Minuten stand Magnússon durchschnittlich auf dem Feld und belohnte das Vertrauen von Trainer Bennet Wiegert mit absoluten Top-Werten. Denn er erzielte nicht nur viele Tore, sondern war dabei auch noch sehr effizient. Unter allen Rückraumspielern, die in der aktuellen Saison häufiger als 3,5-mal aus dem Feld aufs Tor werfen, trifft nur Mannschaftskamerad Gísli Kristjánsson mit 70,7 % minimal besser als Magnússon (70,3 %).

Smits wurde mit gestiegener Einsatzzeit besser

Doch es ist bei weitem nicht so, dass Smits hier abgeschlagen wäre. Mit 65,4 % liegt er auf Rang sieben. Dabei muss bei dem Niederländer zwischen der Zeit als Nummer zwei hinter Magnusson und als unumstrittener Stammspieler unterschieden werden. Während er vor der Weltmeisterschaftspause noch lediglich 17,0 Minuten pro Spiel auf dem Feld stand, sind es seither 52,2.

Die Feldwurfquote hat sich bei der Nummer 31 des SCM mit gestiegener Spielzeit sogar stark verbessert. 51,2 % traf er in den ersten 14 Spielen der Saison aus dem Feld. In den 16 Spielen seit Januar sind es 70,5 %. Seine Anzahl an Abschlüssen aus dem Feld steigerte sich dabei von 2,6 auf 8,0 pro Spiel.

Durch den Ausfall seines Positionskollegen wurde Smits auch zum ersten Siebenmeterschützen der Elbstädter. Aus zuvor 0,7 Versuchen pro Spiel, von denen er 90,9 % verwandelte, wurden 4,6 bei einer weiterhin sehr guten Quote von 84,4 %. Über die gesamte Saison steht er damit bei 85,4 %, was der Bestwert unter allen Spielern mit mindesten 0,5 Strafwürfen pro Spiel ist und über zehn Prozentpunkte besser als Magnússon ist (74,6 %).

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Mit der gestiegenen Spielzeit stiegen auch sämtliche weiteren Statistiken von Smits an. Da Magnússon aber durchschnittlich über 13 Minuten mehr auf dem Feld stand, ist ein reiner Vergleich der Werte neben den Wurfquoten allerdings schwierig, besonders da nicht erhoben wurde zu welchen Anteilen die Spielzeit im Angriff oder in der Verteidigung war.

Auffällig ist jedoch, dass Smits trotz der geringeren Spielzeit häufiger aus dem Feld warf (5,1 Feldwürfe pro Spiel, Magnússon: 4,9). Magnusson werden hingegen deutlich mehr Assists zugeschrieben (3,9, Smits: 1,4), aber auch doppelt so viele Ballverluste (2,0, Smits: 1,0).

Am interessantesten sind aufgrund der starken Werte jedoch die detaillierten Wurfstatistiken der beiden. Beide sind keine klassischen Shooter, sondern werfen durchschnittlich aus für Rückraumspieler sehr kurzer Distanz. Ohne Siebenmeter, Erste-Welle-Gegenstöße, Würfe auf das leere Tor und direkte Freiwürfe kommt Magnússon auf eine durchschnittliche Wurfdistanz von 7,3 Metern, bei Smits sind es 7,2 Meter. Das sind unter 40 Rückraumrechten mit mindestens 15 Würfen der dritt- sowie fünftgeringste Wert.

Unterschiede sind jedoch beim durchschnittlichen Winkel unter Berücksichtigung der Seite zu erkennen. Smits sucht den Abschluss von deutlich weiter rechts. Von der Mitte des Feldes gesehen, sind seine Abschlüsse durchschnittlich um 25,3° auf die in Spielrichtung rechte Seite verlagert, was der zweithöchste Wert eines linken Rückraumspielers ist.

Magnússon schließt hingegen häufiger auch von der linken Spielfeldseite ab. Seine Würfe sind deshalb mit 19,1° nach rechts ziemlich genau auf dem Durchschnitt gelegen. Trotzdem ist auch der Isländer kein Spieler, der hauptsächlich den Abschluss aus zentralen Positionen sucht, nur eben im Gegensatz zu Smits von beiden Seiten des Feldes. Dies zeigt auch der durchschnittliche Winkel der Würfe zur jeweils nächsten Grundlinie. Denn mit 61,1° und 59,4° haben die beiden hier den fünft- und acht kleinsten Winkel.

Wie Smits zu seinem künftigen Team passt

Beide Spieler ähneln sich also sehr und passen perfekt in das System von Wiegert. Beide haben großen Anteil, dass ihr Team mit 30,5 Toren pro 50 Ballbesitze erneut den besten Angriff der Liga stellt.

Aus dem Feld ist Magnússon der leicht effizientere Spieler und ist auch etwas besser darin seine Mitspieler in Szene zu setzen. Smits füllt, seit dessen Ausfall die großen Fußstapfen allerdings perfekt aus und trumpfte besonders von der Siebenmeterlinie auf, auch wenn er im Pokalfinale den entscheidenden vergab.

Dass Smits mit der größer gewordenen Rolle auftrumpft, dürfte seinen zukünftigen Arbeitgeber, die SG Flensburg-Handewitt, sehr freuen. Dort dürfte seine Rolle definitiv größer werden als zu Beginn der aktuellen Saison. Es wird spannend zu beobachten sein, ob er die starken Statistiken auch über eine ganze Saison als Nummer eins auf seiner Position bestätigen kann.

Momentan hat der Spielstil Flensburgs, auf die Smits am Samstag mit den Magdeburgern treffen wird, relativ wenig mit dem der Magdeburger, in dem er aktuell so aufblüht, zu tun. So gehören die Schleswiger beispielsweise zu den Teams, die im Angriff am meisten den Ball laufen lassen und die drittmeisten Pässe pro 35 Sekunden Ballbesitz (14,6) spielen, während die isolationsfreudigen Magdeburger die wenigsten spielen (12,6). Auch bei der durchschnittlichen Wurfdistanz sind sie mit 7,3 m (Rang 10) nicht mit dem SCM (6,9 m, Rang 1) vergleichbar.

Flensburgs neuer Trainer Nicolej Krickau dürfte da allerdings die genau richtige Verpflichtung für den Niederländer sein. Bei GOG arbeitete Krickau jahrelang mit Mathias Gidsel, der wie Smits kein klassischer Rückraum-Shooter ist, zusammen, formte ihn zu einem Weltklassespieler und wusste ihn perfekt in Szene zu setzen. Es wäre eine große Überraschung, wenn ihm das nicht auch mit dem Niederländer gelingen würde.

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