25.10.2022  LIQUI MOLY HBL

ÜberZahl – Die Zahlenkolumne: Warum Mathias Gidsel die Füchse besser macht

Seit Mathias Gidsel im Sommer zu den Füchsen Berlin wechselte, läuft es für das Team aus der Bundeshauptstadt rund. Als einziges ungeschlagenes Team der LIQUI MOLY HBL stehen sie an der Tabellenspitze. In der neuen Ausgabe von „ÜberZahl“ analysiert Datenanalyst Julian Rux deshalb den Angriff des Tabellenführers und den Einfluss ihres Star-Neuzugangs.

Mathias Gidsel spielt zwar erst seit diesem Sommer bei den Füchsen Berlin, hat den Hauptstädtern aber trotzdem bis zu seiner Verletzung besonders in der Offensive seinen Stempel aufgedrückt.

Mit 30,6 Toren pro 50 Ballbesitze weist das Team von Trainer Jaron Siewert ligaweit den besten Wert auf. Mit 65,0 % haben die Füchse zudem die drittbeste Wurfquote aller Teams, sowie herausragend wenige 6,9 Ballverluste pro 50 Ballbesitze.

Mr. Efficiency

Die Gründe für die starke Offensive der Füchse sind zum einen ihre Eingespieltheit, denn eigentlich sind alle wichtigen Spieler aus dem Vorjahr weiterhin an Bord und bereits in der vergangenen Saison stellten sie einen guten Angriff. Zum anderen hat natürlich auch Mathias Gidsel einen großen Anteil daran.

Der MVP der Olympischen Spiele 2020 hat sich problemlos in das Spiel der Hauptstädter eingefügt. Mit durchschnittlich 35:14 Minuten Spielzeit in sieben Partien hat der Rückraumlinke der Füchse die meisten Einsatzminuten. Bei Fabian Wiede sind es 30:22, während Marko Kopljar auf 30:55 kommt, allerdings bis auf das Spiel am Sonntag gegen Leipzig fast ausschließlich in der Defensive. Die jungen Nils Lichtlein und Max Beneke kamen bisher nur auf Kurzeinsätze.

Seine Spielzeit nutzt Gidsel sehr effektiv: mit 4,9 Toren pro Spiel aus dem Feld ist er der dritterfolgreichste Feldtorschütze der LIQUI MOLY HBL. Noch beeindruckender ist dies mit Blick auf seine Effizienzwerte. 80,1 % seiner Würfe hat der 23-jährige Däne verwandelt. Unter allen 168 Spielern mit mindestens 2 Würfen pro Spiel aus dem Feld ist dies immerhin der zehntbeste Wert.

Unter den Spielern mit einer besseren Quote finden sich mit Jim Gottfridsson (88,9 %) und Olle Forsell Schefvert (81,8 %) lediglich zwei andere Rückraumspieler. Die beiden werfen jedoch deutlich seltener aufs Tor als der Däne. Unter allen 55 Spielern mit mindestens fünf Würfen pro Spiel aus dem Feld steht er dann an der Spitze.

Herausragend im Positionsangriff

Dass Gidsel durch seine großartigen Eins-gegen-Eins-Fähigkeiten zu seinen herausragenden Wurfquoten kommt, wurde bereits in der Vergangenheit bei den Olympischen Spielen 2020 und der EURO 2022 durchleuchtet. So glichen z.B. seine Abschlusspositionen bei der Europameisterschaft deutlich mehr denen eines Kreisläufers, als denen eines Rückraumspielers.

Es sind allerdings nicht nur die eigenen Statistiken, die bei dem Neuzugang von GOG Håndbold herausragend sind, denn er macht auch noch das ganze Team besser. In 158 von 294 Positionsangriffen der Berliner stand der Linkshänder bisher auf dem Feld. Stand er auf dem Feld erzielten sie auf 50 Ballbesitze gerechnet herausragende 30,7 Tore.

Normalerweise sind die Werte bei Positionsangriffen niedriger als der Gesamtdurchschnitt eines Teams, da das Tempospiel effizienter ist. Mit dem 23-Jährigen auf dem Feld sind jedoch auch die Positionsangriffe hocheffizient.

Dass Gidsel aufgrund einer Daumenverletzung voraussichtlich bis Ende des Jahres ausfällt, könnte zu einem Problem für die Füchse werden. Ohne ihn auf dem Feld kommen seine Mitspieler auf lediglich 23,9 Tore pro 50 Ballbesitze. Mit dem dänischen Nationalspieler steigt die Wurfquote im Positionsangriff von 56,5 % auf 63,4 % an, während die Anzahl der Ballverluste von 10,3 auf 5,7 pro 50 Ballbesitze zurück geht.

Das „Death Lineup“

Neben Gidsel haben die Füchse mit Fabian Wiede einen zweiten Halbrechten auf absolutem Top-Niveau. Mit ihm auf dem Feld erzielen sie 28,0 Tore pro 50 Ballbesitze, was immer noch ein sehr guter Wert ist. Stehen beide gemeinsam auf dem Feld, steigt der Wert sogar auf herausragende 33,7 Tore pro 50 Ballbesitze im Positionsangriff.

Jaron Siewert hat die beiden gemeinsam jedoch bisher nur in 43 Ballbesitzen gegen Flensburg, Melsungen und Kiel auf das Feld gelassen. Allerdings vertraute er auch in der Crunchtime der drei Spiele auf seine beiden Linkshänder, was entfernt an das „Death Lineup“ der Golden State Warriors erinnert, deren Crunchtime-Aufstellung in den erfolgreichen Jahren von 2014 bis 2019 ebenfalls nicht traditionell, jedoch extrem effizient war.

Bekanntlich ist jedoch auch Wiede momentan angeschlagen. Im Spiel am vergangenen Sonntag teilten sich deshalb Kopljar, Lichtlein, Beneke sowie teilweise auch ein dritter Rechtshänder die Minuten im rechten Rückraum. In der gesamten Saison kommen die Berliner ohne Wiede und Gidsel auf dem Feld im Positionsangriff allerdings nur auf 23,9 Tore pro 50 Ballbesitze.

Individuell und im Team herausragend

Insgesamt sind also neben den individuellen Statistiken Gidsels auch die Werte der Füchse mit ihm auf dem Feld herausragend. Während sich im Positionsangriff oftmals die ganze Abwehr auf ihn konzentriert, schafft er so Räume für seine Mitspieler und macht das ganze Team besser, auch wenn er nicht selbst abschließt. Nicht umsonst fällt sein Name bereits regelmäßig, wenn es um den besten Spieler der Welt geht.

Julian Rux ist Datenanalyst und Datenjournalist. Auf seinem Blog Handballytics.de analysiert er aus neuen, datenbasierten Blickwinkeln alle möglichen Themen rund um den Handball. Ihr findet ihn auch auf InstagramFacebook und Twitter.