09.11.2021  LIQUI MOLY HBL

ÜberZahl – Die Zahlen-Kolumne: Darum überraschen die Aufsteiger

Die neue Spielzeit der LIQUI MOLY HBL bietet bisher zahlreiche Überraschungen. Nicht nur Magdeburg und Berlin an der Tabellenspitze, sondern auch die beiden Aufsteiger HSV Hamburg und TuS N-Lübbecke verzücken ihre Fans bisher. In der neuen Ausgabe von „ÜberZahl“ analysiert Handball-Blogger Julian Rux weshalb die beiden Rückkehrer besser als erwartet in die Saison gestartet sind.

In Lübbecke überzeugt die Defensive

Vor der Saison wurde TuS N-Lübbecke von wohl jedem Experten als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt. Spätestens mit dem Sieg über den THW Kiel hat das Team von Emir Kurtagic gezeigt, dass es zu den positiven Überraschungen der bisherigen Spielzeit gehört.

Der Hauptgrund für den ordentlichen Saisonstart der Ostwestfalen ist die starke Verteidigung. Lediglich 26,9 Gegentore pro 50 Ballbesitze lässt die Abwehr um Leos Petrovsky, Yannick Dräger und Marek Nissen, die alle drei unter den Top 16 der HBL-Spieler mit den meisten Blocks pro Spiel stehen, zu. Dies ist der sechstbeste Wert der Liga. Damit sind sie sogar leicht besser als die SG Flensburg-Handewitt (27,6), FRISCH AUF! Göppingen (27,3) und der SC Magdeburg (27,0).

Einen sehr großen Anteil daran hat natürlich auch Torhüter Aljoša Rezar. Mit 32,4 % hat der Slowene momentan die drittbeste Paradenquote aller Torhüter der LIQUI MOLY HBL. Insgesamt erlaubt der TuS eine gegnerische Wurfquote von lediglich 59,2 % (Rang 4). Gleichzeitig erzwingen sie allerdings nur unterdurchschnittlich viele Ballverluste.

In der vergangenen Saison stellten sie nicht nur die zweitbeste Abwehr der Liga, sondern auch den zweitbesten Angriff der 2. HBL. Momentan läuft es in der Offensive bei den Nettelstedtern allerdings noch nicht ganz so rund. 24,7 Tore pro 50 Ballbesitze ist der drittgeringste Wert der Liga. Die Wurfquote ist sogar um fast acht Prozentpunkte niedriger als in der vergangenen Saison.

Auffällig ist auch, dass Lübbecke in der aktuellen Saison langsamen Handball spielt. Mit 47,2 Ballbesitzen pro Spiel sind sie noch einmal langsamer als im Vorjahr und befinden sich auf dem Niveau der Eulen Ludwigshafen in den vergangenen Jahren. Im Kampf um den Klassenerhalt kann dies jedoch ein durchaus sinnvolles Mittel sein.

Hamburg überzeugt mit den gleichen Qualitäten wie in Liga 2

Dem zweiten Aufsteiger aus Hamburg wurde vor der Saison von vielen Seiten das Potenzial attestiert, nur wenig mit dem Kampf um den Klassenerhalt zu tun zu haben. Denn mit unter anderem Jogi Bitter, Casper Mortensen, Manuel Späth und Azat Valiullin hatten sie sich prominent verstärkt. Doch mit Platz vier nach neun Spieltagen und 11:7 Punkten haben wohl trotzdem nur wenige Optimisten gerechnet.

Beim Team aus der Hansestadt ist das große Plus eher im Angriff zu finden. Mit 28,9 Toren pro 50 Ballbesitze stellen die Hamburger die fünftbeste Offensive der Liga. Auch in der 2. HBL war dies bereits ihre große Stärke, wo sie dank des besten Angriffs (29,9 Tore pro 50 Ballbesitze) den Aufstieg schafften.

Diese Stärke auch eine Liga höher ausspielen zu können ist für einen Aufsteiger alles andere als selbstverständlich. Denn es sind nicht die Neuzugänge, die hier besonders hervorstechen. Mit Jan Forstbauer (4,0 Feldtore pro Spiel) und Niklas Weller (3,9) spielen die beiden besten Feldtorschützen des HSV bereits seit der 3. Liga bzw. Oberliga für das Team von Trainer Torsten Jansen. Trotzdem konnten sie die Wurfquote auf dem Vorjahresniveau halten. Lediglich die Ballverluste haben etwas zugenommen.

Dass die Defensive mit 27,0 Gegentoren pro 50 Spiele aber tatsächlich auf Vorjahresniveau ist, ist zu einem großen Anteil den Neuzugängen zu verdanken. Bitter hat mit 31,7 % die sechstbeste Paradenquote der LIQUI MOLY HBL, Späth und Valliulin sind wichtige Bestandteile des Mittelblocks.

Während die gegnerische Wurfquote und die erzwungenen Ballverluste (was letzte Saison noch eine ihrer Stärken war) nur durchschnittlich sind, ist besonders die Anzahl der offensiven Abpraller, die sich der Gegner schnappt, auffallend. Mit 2,4 lassen die Norddeutschen hier so wenig zu wie kein anderes Team der Liga.

Die Daten zeigen also klar die Stärken und Schwächen der beiden Aufsteiger. Sollten es ihnen gelingen dieses Niveau zu halten bzw. ihre Schwächen noch zu verbessern, dann ist der Klassenerhalt für Lübbecke sowie ein Platz in der oberen Tabellenhälfte für Hamburg sehr realistisch.

Julian Rux ist Datenanalyst und Datenjournalist. Auf seinem Blog Handballytics.de analysiert er aus neuen, datenbasierten Blickwinkeln alle möglichen Themen rund um Handball. Ihr findet ihn auch auf Instagram, Facebook und Twitter.