13.12.2021  LIQUI MOLY HBL

ÜberZahl – Die Zahlen-Kolumne: Warum man den Siebenmeterschützen auch nach einem Fehlwurf nicht wechseln sollte

Siebenmeter umwehen beinahe so viele Mythen wie den Elfmeter im Fußball. Warum man trotz Fehlwurf an seinem Siebenmeter-Schützen festhalten sollte und wer die Top-Siebenmeterschützen der vergangenen Jahre waren, zeigt Handball-Blogger Julian Rux in der neuen Ausgabe von "Überzahl", der Zahlen-Kolumne.

Vertrauen in den ersten Schützen wird belohnt...

Die durchschnittliche Strafwurf-Trefferquote (seit der Spielzeit 2017/18) liegt in der LIQUI MOLY HBL bei 75,4%. An die Linie treten dabei nahezu immer die gleichen Spieler, die ersten Schützen, einer Mannschaft. 

Der erste Schütze, der den höchsten Anteil an Siebenmetern seines Teams hat, ist Maximilian Holst von der HSG Wetzlar. Er führt 93,3% der Siebenmeter der Mittelhessen aus. Mit einer Trefferquote von 85,5% ist er zudem ein sehr zuverlässiger Schütze.

Verwirft Holst einen Siebenmeter, hat er dennoch weiterhin das Vertrauen seines Trainers Ben Matschke. Nicht bei allen Teams ist das der Fall. Dabei spielt nicht nur das Vertrauen des Trainers, sondern auch die Mentalität des Spielers eine Rolle. Insgesamt führte seit der Saison 2017/18 nach einem Fehlwurf nur in 34,3% der Fälle der gleiche Spieler auch den nächsten Siebenmeter aus.

Dass der Schütze meist gewechselt wird, scheint aber nicht unbedingt das richtige Mittel zu sein. Denn wenn der Schütze nach einem Fehlwurf gewechselt wurde, sank die durchschnittliche Trefferquote auf lediglich 74,5%. Wurde am bisherigen Schützen festgehalten stieg die Quote auf 77,0%. Handelt es sich dabei um den ersten Schützen des Teams steigt die Quote sogar auf 79,6%. Es lohnt sich also einem eigentlich sicheren Schützen auch einen Fehlwurf zuzugestehen und ihn danach weiter an die Linie zu schicken.

…aber nicht nach zwei Fehlwürfen hintereinander

Das ist auch ein Indikator dafür, dass die Trainer in der LIQUI MOLY HBL den richtigen Spieler als ersten Schützen auswählen. Ein weiterer Indikator dafür ist, dass allgemein der erste Schütze eine bessere Siebenmeter-Wurfquote hat (76,0%) als der zweite (72,7%), dritte (74,4%) oder gar vierte (73,3%) Schütze.

Nach zwei Siebenmeter-Fehlwürfen eines Spielers in einer Partie sieht es jedoch etwas anders aus. Dann wurde zu 86,8% der Schütze gewechselt. Dies unterstützen auch die Zahlen. Denn bei einem weiteren Festhalten am Schützen sinkt die Quote auf lediglich 66,7%, während bei einem Wechsel immerhin 70,7% der Strafwürfe verwandelt wurden.

Ein klares Zeichen dafür, dass nach zwei Fehlwürfen die mentale Komponente eine deutlich größere Rolle spielt.

Auch die Quantität ist wichtig

Am häufigsten schafft es in der aktuellen Saison Tabellenführer SC Magdeburg an die Linie. Aufgrund ihres Spielstils haben die Magdeburger durchschnittlich 5,2 Siebenmeter-Versuche pro Spiel. Zwar treffen sie davon nur unterdurchschnittliche 70,1%, doch dies ist dennoch deutlich besser als die Wurfquote, die Würfe aus dem Positionsangriff bringen.

Möglichst viele Siebenmeter zu bekommen ist also ein großer Vorteil für einen Angriff, während Verteidiger – besonders bei Würfen von außen, wo die Wurfquoten nochmals etwas niedriger sind - alles dafür tun sollten, keinen Strafwurf zu verursachen.

Die Top-Siebenmeterschützen

Seit der Saison 2017/18 sind nur neun Spieler über 80 Mal zum Strafwurf an die Linie getreten und haben dabei eine Siebenmeterquote von mindestens 79,0% erreicht. Angeführt wird diese Liste vom ehemaligen Melsunger Lasse Mikkelsen mit starken 84,2% bei 114 Versuchen.

Warum diese Siebenmeter-Schützen zur Weltklasse gehören, wird vor allem durch ihre durchschnittliche Trefferquote von 80,8% deutlich. Werfen sie nach einem Fehlwurf von der Linie erneut, steigt die Quote auf 83,3%. Werden sie dagegen nach einem Fehlwurf abgelöst, kommt der Ersatz lediglich auf schwache 61,8%. Daher vertrauen Trainer in 84,1% der Fälle ihren Top-Schützen nach einem Fehlwurf auch den nächsten Strafwurf an.

Nicht nur sieben von neun der Top-Siebenmeterschützen sind Außenspieler, sondern auch insgesamt wurden 76,8% aller Siebenmeter von Flügelspielern ausgeführt. Doch obwohl Außen der Ruf anhaftet, aufgrund ihrer Wurfvariabilität gute Siebenmeterschützen zu sein, ist dieser Vorteil nur marginal. Ihre Trefferquote ist mit 75,7% nur minimal besser als der Rest (74,5%).

Julian Rux ist Datenanalyst und Datenjournalist. Auf seinem Blog Handballytics.de analysiert er aus neuen, datenbasierten Blickwinkeln alle möglichen Themen rund um Handball. Ihr findet ihn auch auf Instagram, Facebook und Twitter.