08.09.2021  Intern

Trauer um Manfred Prause

Das Schiedsrichterwesen trauert um eines seiner größten Gesichter: Manfred Prause, der über 53 Jahre als Schiedsrichter und Offizieller das nationale und internationale Schiedsrichterwesen prägte, starb am vergangenen Sonntag in Offenburg. Der langjährige Schiedsrichter und Schiedsrichterchef der EHF und IHF ist im Alter von 81 Jahren gestorben.

„Der internationale Handball ist in tiefer Trauer und verliert nicht nur einen absoluten Fachmann des Schiedsrichterwesens, sondern auch eine einzigartige Persönlichkeit“, sagt Andreas Michelmann, Präsident des Deutschen Handballbundes. „Manfred Prause hat dem Schiedsrichterwesen jahrzehntelang seinen Stempel aufgedrückt. Er war Wegbereiter und Inspiration für unzählige deutsche und internationale Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter und einer der verdientesten Schiedsrichter und Funktionäre aller Zeiten aus Deutschland. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Freunden.“  

Seine einzigartige Karriere als Schiedsrichter startete Prause 1964 im Alter von 25 Jahren gemeinsam mit Erhard Hofmann, seinem Banknachbar zu Schulzeiten. 1975 schafften es beide in den DHB-Bundesligakader, nur rund ein Jahr später waren sie IHF-Schiedsrichter. Ihre erste WM-Teilnahme hatte Prause/Hofmann bei der Frauen-Weltmeisterschaft 1986 in den Niederlanden, zwei Jahre später folgte die Nominierung für die Olympischen Spiele in Seoul. Dort hatten sich die beiden im Eröffnungsspiel Sowjetunion gegen Jugoslawien so gut geschlagen, dass sie später sogar das Männer-Finale der siegreichen Sowjets gegen die koreanischen Gastgeber leiten durften. Sein letztes Spiel als Schiedsrichter absolvierte Prause im Jahr 1993 bei einem Turnier auf der Insel La Reunion.

Die Delegiertenkarriere des früheren Vermessungsingenieurs bei der Stadt Offenburg begann fast zufällig: Der damalige DHB-Präsident Jürgen Hinrichs nahm Prause als Gast mit zum Gründungskongress der EHF 1991 in Berlin. Ohne es im Vorfeld abzustimmen, schlug Hinrichs ihn für das Amt des ersten EHF-Schiedsrichterchefs vor - und Prause wurde im ersten Wahlgang gewählt und hatte den Posten bis 2000 inne. 

Ab 1995 arbeitete Prause auch in der IHF-Regelkommission mit, war an vielen Regeländerungen beteiligt - und stand auch zu den von ihm auf den Weg gebrachten letzten großen Regeländerungen wie den siebten Feldspieler. 

2009 wurde Prause zum IHF-Schiedsrichterchef gewählt. Nach acht Jahren an der Spitze trat er 2017 ab - und hinterließ seinem spanischen Nachfolger Ramon Gallego ein bestelltes Feld. Nach 53 Jahren als Schiedsrichter und Offizieller war die Männer-WM 2017 in Frankreich sein letztes Turnier - nachdem er für EHF und IHF für die Schiedsrichteransetzungen von über 7000 Spielen verantwortlich war. 

Für seine Verdienste erhielt Prause viele Auszeichnungen, die letzte beim Doppel-Länderspiel in München im Juni 2018. DHB-Präsident Andreas Michelmann überreichte ihm die silberne Ehrennadel des DHB, eine der höchsten Würdigungen überhaupt.

Die Karriere von Manfred Prause in Zahlen:

  • Spieler von 1956 bis 1976 (68 Auswahlspiele für Südbaden), Trainer (unter anderem des TV Willstätt) von 1970 bis 1990 
  • ab 1964 Schiedsrichter, von 1975 bis 1992 Bundesliga-Schiedsrichter (480 Einsätze inklusive elf deutsche Endspiele) 
  • von 1977 bis 1991 IHF-Schiedsrichter (297 Einsätze), als Schiedsrichter bei sieben Weltmeisterschaften und den Olympischen Spielen 1988 in Seoul, Leitung von drei Europapokalfinals 
  • von 1993 bis 2009 Schiedsrichterbeobachter im DHB 
  • von 1991 bis 2000 Schiedsrichterchef EHF 
  • von 1995 bis 2016 Mitglied in den Regelarbeitsgruppen der IHF, von 1995 bis 2009 Mitglied der IHF-Regel-und Schiedsrichter-Kommission, von 2009 bis 2017 Vorsitzender der Kommission 
  • Als Offizieller bei 65 Welt- und Europameisterschaften, vier Olympischen Spielen, sieben Club-WM-Turnieren und 16 Mal als IHF-Verantwortlicher bei Welt- und Olympia Qualifikationen in vier Kontinenten