02.03.2021  LIQUI MOLY HBL

ÜberZahl – Die Zahlenkolumne: Die HPI-Werte der Topspieler im Vergleich

Mit dem Handball Performance Index (HPI) werden nicht nur Topleistungen in einzelnen Spielen vergleichbar, sondern auch die Leistungen der Spieler über die gesamte Saison hinweg. In der neuen Ausgabe von „ÜberZahl“ betrachtet Handball-Blogger Julian Rux die Werte der Spieler genauer, die bis zum 19. Spieltag die Saisonbestleistungen abgeliefert haben.

Den besten Spieler eines Spiels, den wertvollsten Spieler des Monats oder den MVP einer Saison fair zu bestimmen ist eine Herkulesaufgabe. Doch genau das hat sich die LIQUI MOLY HBL gemeinsam mit der DKB durch die Einführung des HPI zur Aufgabe gemacht.

Bei diesem werden alle vorhandenen Statistiken berücksichtigt. Pluspunkte gibt es für positive Aktionen wie Tore, Assists oder bei Torhütern Paraden. Abzug gibt es für Negatives wie Fehlwürfe oder Ballverluste. Die Gesamtpunkte werden dann zu dem Basiswert von 100 addiert. Dadurch können theoretisch sogar Torhüterleistungen mit den Leistungen von Feldspielern verglichen werden (Zur genauen Berechnung geht es hier).

Doch was zeichnet die Topspieler aus, die über den bisherigen Saisonverlauf hinweg den besten HPI aufweisen? Wie haben setzen sich ihre Spitzenwerte zusammen und wo liegen Unterschiede?

Den besten Wert unter allen Spielern, die mindestens die Hälfte der Spiele ihres Teams absolviert haben, hat mit Andreas Palicka (133,6 HPI) ein Torhüter. Auf den nächsten Plätzen folgen jedoch ausschließlich Feldspieler, von denen Kiels Niclas Ekberg mit einem Durchschnittwert von 132,4 die Nase vorn hat. Die drei Topstorschützen der Liga folgen auf den Plätzen 3 (Robert Weber, 117 Tore), 6 (Viggo Kristjansson, 130 Tore) und 7 (Marcel Schiller, 117 Tore).

Der viertplatzierte Jim Gottfridsson und der fünftplatzierte Harald Reinkind gehören jedoch nicht zu den Toptorjägern der Liga. Es zeigt sich also, dass sich die sieben besten Spieler ihre HPI-Punkte auf unterschiedlichen Wegen erspielen.

Die Torhüter bleiben in der näheren Betrachtung zwar erst einmal außen vor, da sie sich ihre Punkte verständlicherweise hauptsächlich durch Paraden holen.

1. Die Verteidigung

Den Großteil ihrer Punkte erzielen alle sechs Feldspieler im Angriff. Dies ist nicht wirklich überraschend, schließlich sind sie alle für ihre außergewöhnlichen Angriffsleistung bekannt. Zudem ist es auch deutlich schwieriger defensive Einzelleistungen in Zahlen festzuhalten, solange es nicht um den Torhüter geht. Denn dafür gibt es deutlich weniger klassische Statistiken als für den Angriff.

Trotzdem gibt es Spieler, die einen großen Anteil ihrer HPI-Punkte in der Verteidigung holen. Hendrik Pekeler, der beim HPI auf Platz 15 liegt, holt beispielsweise rund ein Viertel seiner Punkte über die Verteidigung. Bei den Guardiola-Brüdern sind es sogar jeweils über 60 % der Punkte, die sie durch Defensiv-Statistiken holen.

Dennoch lassen sich unter den Topspielern Unterschiede ausmachen. Die meisten Punkte für die Abwehrarbeit aus den Top sechs hat Robert Weber. Seine im Durchschnitt 3,5 Pluspunkte pro Spiel ergeben sich auf der einen Seite aus seiner Stärke, dem Gegner den Ball zu klauen (für seine 0,5 Steals pro Spiel erhält er im Schnitt 5,3 Punkte), auf der anderen Seite erhält der Österreicher nur 0,1 Zeitstrafen und verursacht nur 0,2 Siebenmeter. Die sich daraus ergebenden 0,7 Strafpunkte belasten seinen Gesamtwert daher kaum.

Anders sieht dies bei Jim Gottfridsson aus. Der Flensburger Spielmacher hat zwar die meisten HPI-Punkte für Offensiv-Aktionen, weist in der Verteidigung jedoch als einziger einen negativen Wert auf. 

Der Schwede schnappt sich nur geringfügig weniger gegnerische Bälle als Weber (0,4 Steals), verursacht aber 0,7 Siebenmeter sowie 0,5 Zeitstrafen pro Spiel. wodurch er in der Verteidigung auf insgesamt -1,3 HPI-Punkte kommt.

2. Der Angriff

Im Angriff hingegen hat Gottfridsson mit 30,2 HPI-Punkten die Nase vorn. Besonders interessant ist, dass der Spielmacher der Einzige ist, der seine Punkte in der Offensive nicht ausschließlich über die Torabschlüsse erzielt. Der Schwede ist nicht nur der beste Vorlagengeber der Liga (5,2 Assists im Schnitt), sondern oft auch nur mit einem Foul zu stoppen (1,1 herausgeholte Siebenmeter) und leistet sich vergleichsweise wenige technische Fehler (1,2). Am Beispiel von Gottfridsson zeigt sich, dass der HPI in der Offensive nicht nur Tore, sondern auch zahlreiche weitere positive Aktionen belohnt, die einem nicht sofort ins Auge stechen.

Ein weiteres Beispiel sind die Leistungsdaten von Viggo Kristjansson. Der Führende der Torschützenliste hat mit 33,2 Punkten aus den Würfen den höchsten Wert aller Topspieler.

Bei den Punkten für Würfe spielt eine wichtige Rolle, wie hoch die durchschnittliche Erfolgswahrscheinlichkeit von der jeweiligen Wurfposition ist. Rückraumtreffer geben beispielsweise mehr Punkte als die einfacheren Treffer vom Kreis. Entsprechend gibt es auch für Fehlwürfe aus dem Rückraum weniger Minuspunkte als bei Fehlwürfen aus der Nahdistanz.

Der Isländer wirft 10,8-mal pro Spiel aufs Tor (der zweithöchste Wert der HBL). Die Hälfte davon kommt aus dem Rückraum. Von dort trifft er mit 46,1 % zwar nicht überragend, aber aufgrund der hohen Schwierigkeit gibt es ja auch nur wenig Abzug für Fehlwürfe. Allerdings leistet sich der TVB-Torjäger auch 1,4 technische Fehler pro Spiel, was er durch Assists (1,9) und erzwungene Siebenmeter (0,5) nicht ausgleichen kann.

Insgesamt reicht es für den Isländer daher aufgrund der wenigen Punkte für die Defensive und Minuspunkte für sonstige Offensivaktionen „nur“ für Platz sechs.

Niclas Ekberg und Robert Weber, die Spieler mit den beiden besten HPI-Durchschnitts-Werten, erzielen die entscheidenden Punkte für die Spitzenpositionen vom Siebenmeterstrich.

Zwar unterscheiden sich die beiden auch in der Art und Weise, wie sie ihre Treffer erzielen (Ekberg trifft häufiger aus dem Tempogegenstoß, Weber dafür von außen), der Hauptrund, weshalb am Ende Ekberg ganz oben steht, ist aber ein anderer.

Der Schwede verwandelt überragende 86,2 % seiner Feldwürfe, kein Spieler mit mindestens 1,5 Würfen pro Spiel trifft so gut.

Julian Rux ist Gründer von Handballytics.de – Handball in Zahlen. Dort analysiert er aus neuen, datenbasierten Blickwinkeln alle möglichen Themen rund um Handball. Ihr findet ihn auch auf InstagramFacebook und Twitter.