20.05.2021  LIQUI MOLY HBL

ÜberZahl - Die Zahlenkolumne: Das große Statistik-Duell Gottfridsson vs. Sagosen

Wird von den besten Handballern der Welt gesprochen, fallen oft zwei Namen aus der LIQUI MOLY HBL: Sander Sagosen und Jim Gottfridsson. In der neuen Ausgabe von „ÜberZahl“ analysiert Handball-Blogger Julian Rux was die beiden Superstars auszeichnet, wo sie sich unterscheiden und wer wo die Nase vorn hat.

Der "neue" Superstar

Sander Sagosen kam zu Saisonbeginn mit großen Vorschusslorbeeren in die LIQUI MOLY HBL. Von vielen Experten wurde er bereits bei seiner Ankunft in Kiel als bester Handballer der Welt bezeichnet. Und der Norweger hat direkt voll eingeschlagen. 

Mit 4,8 Toren pro Spiel liegt Sagosen auf Rang 18 der besten Torjäger der Liga. Und das, obwohl er hinter Teamkollege Niclas Ekberg nur der zweite Siebenmeterschütze des THW Kiel ist. Lässt man Siebenmeter außen vor, ist Sagosen mit 4,7 Feldtoren pro Spiel sogar der sechstbeste Torschütze der Liga. 

Dabei denkt der amtierende Champions-League-Sieger nicht nur an seinen eigenen Abschluss. Mit 4,4 Assists pro Spiel ist er zudem der zweitbeste Vorlagengeber der Liga. Diese starken Statistiken kulminieren in einem durchschnittlichen Handball Performance Index (HPI) von 135,3, dem besten Wert der LIQUI MOLY HBL.

Der Superstar aus den eigenen Reihen

Beim HPI auf einem Niveau mit dem Norweger befindet sich aktuell lediglich Jim Gottfridsson mit 134,4Während Sagosen bereits als absoluter Superstar in die LIQUI MOLY HBL kam, konnten die Fans der stärksten Liga der Welt über die Jahre hautnah beobachten, wie sich der Schwede ebenfalls zu einem der besten Spieler der Welt entwickelt hatSeit acht Jahren spielt er in Flensburg, mittlerweile ist er auf absolutem Weltklasse-Niveau angekommen. 

In seinen ersten fünf HBL-Spielzeiten waren die Höchstwerte des Spielmachers der SG Flensburg-Handewitt 2,1 Tore und 2,1 Assists pro Spiel. Seither verbesserte er seine Zahlen Jahr für Jahr deutlich. Aktuell steht er bei 4,6 Toren (davon 4,4 aus dem Feld) und 5,1 Vorlagen. Damit ist er der beste Vorlagengeber der Liga und liegt zudem auf Platz 21 (bzw. 12) der erfolgreichsten Torschützen. Seine Statistiken sind also durchaus auf dem gleichen Niveau wie Sagosen. 

Die beiden Skandinavier sind Dreh- und Angelpunkt des Angriffs ihrer Teams. 17,3 % der Angriffe der Kieler enden mit einer Aktion von Sagosen. Ligaweit ist dies der elfthöchste Wert, unter den Team Top-Sechs-Teams sogar der höchste. 

Gottfridsson folgt dicht dahinter mit einem Anteil von 16,4 %, dem zweithöchsten Wert unter den Top-Sechs-Teams (ligaweit Rang 19). Hinzu kommen bei beiden auch noch die vielen Abschlüsse, die sie für ihre Mitspieler vorbereiten und somit indirekt beteiligt sind.

Die Unterschiede

Die beiden Skandinavier sind hauptsächlich für ihre überragenden Fähigkeiten im Angriff bekannt, doch sie stehen auch in der Defensive ihren Mann. Besonders Gottfridsson erhält praktisch keine Pause. 

Mit 51:32 gespielten Minuten pro Spiel steht die Nummer 24 der Flensburger unter allen LIQUI MOLY HBL-Spielern am viertlängsten auf dem Platz. Kein anderer Rückraumspieler ist hier in den Top 10. Dazu kommen noch ähnliche Spielzeiten in der Champions League und für die schwedische Nationalmannschaft, die er bis ins WM-Finale geführt hat. Ein solches Mammutprogramm hat weltweit wohl kaum ein anderer Spieler. 

Sagosen bekommt von Filip Jicha deutlich mehr Verschnaufpausen. Er stand in 24 Spielen durchschnittlich 32:27 Minuten auf dem Feld. Vergleicht man die absoluten Spielzeiten, dann stand die Kieler Nummer 5 nur etwas mehr als halb so lange wie Gottfridsson auf dem Feld.

Ein weiterer Punkt, in dem sich die Beiden unterscheiden ist die Position. Gottfridsson läuft als Spielmacher auf Rückraum Mitte auf, Sagosen spielt hingegen eher im linken Rückraum. 

Dies wirkt sich wiederum auf die Art der Abschlüsse sowie die Effizienz  aus. Sagosen wirft – wie für einen linken Rückraumspieler üblich – mehr aus dem Rückraum. 65,1 % seiner Abschlüsse aus dem Feld kommen von dort. Bei „Gotte“ sind dies lediglich 37,8 %. Sein Anteil aus rund sechs Metern ist hingegen mit 54,3 % fast doppelt so hoch wie der des Norwegers (27,5 %). 

Da Gottfridsson deutlich öfter aus der Nahdistanz abzieht, ist es wenig verwunderlich, dass er auch die bessere Trefferquote aufweist. 72,0 % seiner Würfe aus dem Feld landen im Tor. Dies ist der beste Wert aller Rückraumsspieler mit mindestens einem Wurf pro Spiel. Bei Sagosen liegt die Trefferquote aus dem Feld bei 59,3 % (35. unter allen Rückraumspielern). 

Der beste Spieler der LIQUI MOLY HBL

Allein aus den Wurfquoten zu schlussfolgern, dass Gottfridsson der bessere Spieler sei, wäre allerdings etwas vorschnell. Denn einige der Würfe Sagosens erfolgen unter maximalem Druck, beispielsweise aufgrund angezeigtem Vorwarnzeichen für passives Spiel, während Gottfridsson in solchen Situationen eher für seine Mitspieler auflegt. 

Auch sonst ist es praktisch unmöglich zu einem finalen Urteil zu kommen, wer denn nun der bessere Spieler ist. Gottfridssons Effizienz wird durch seine sehr hohe Spielzeit noch beeindruckender. Dass „Saggy“ mit deutlich weniger Spielzeit (wobei er natürlich besonders in der Abwehr Pausen bekommt) auf die praktisch gleichen Statistiken wie der Schwede kommt, ist ebenfalls herausragend. 

Keinen Zweifel gibt es jedoch an der Tatsache, dass sie die aktuell besten und wichtigsten Spieler der beiden Mannschaften sind, die die Meisterschaft in dieser Saison unter sich ausmachen. Wer also im Saisonendspurt die besseren Leistungen bringt, könnte somit die Meisterfrage entscheiden. 

Julian Rux ist Gründer von Handballytics.de – Handball in Zahlen. Dort analysiert er aus neuen, datenbasierten Blickwinkeln alle möglichen Themen rund um Handball. Ihr findet ihn auch auf Instagram, Facebook und Twitter.