06.08.2020  Intern

Social Media und Profisportler: „Erzwingen sollte man nichts, ausprobieren aber in jedem Fall“

Philip Turian ist Social-Media-Stratege im digitalen Sportmarketing. Beim Online-Summit "Masterclass Profihandball" gab er Einblicke, wie Profisportler auch in den sozialen Medien punkten können. Im Interview erklärt er, wie der Handball im Vergleich zu anderen Sportarten aufgestellt ist, wo er noch dazulernen kann und welche Plattformen er Handballprofis empfehlen würde.

Herr Turian, Sie haben bei der „Masterclass Profihandball“ einen Vortrag zum Thema „Handballprofis in den Sozialen Medien“ gehalten. Wo steht der Handball in dieser Hinsicht im Vergleich zu anderen Sportarten?

Natürlich sollte man sich immer an den Besten messen, nur so kann man besser werden. Innerhalb des Sports schaut man da auf den Fußball, oder Basketball und Football in den USA. Aber auch von Marken aus unterschiedlichen Entertainment-Bereichen kann man sich inspirieren lassen. Gleichwohl gibt es manchmal auch kreative Lösungen in kleineren Sportarten, wie man mit wenig Budget dennoch gutes Storytelling in Social Media betreiben kann. Und da kommen wir zu dem Punkt: Natürlich sind die finanziellen und personellen Ressourcen im Handball kleiner als in der Fußball-Bundesliga, der NBA oder NFL, aber den Vergleich braucht man dennoch nicht scheuen. Einerseits, weil man ohnehin ganz andere Werte vertritt als zum Beispiel der Fußball und deshalb einen eigenen Weg gehen kann, anstatt nur zu kopieren. Andererseits ist es auch so, dass die Hürden immer geringer werden.

In welcher Hinsicht?

Vieles kann man mit dem Smartphone produzieren, eine gute Systemkamera und Mikrofone sind nicht übermäßig teuer. Personell kommt man aber natürlich nicht umhin, Profis ans Werk zu lassen. Die Zeiten, in denen der Praktikant oder der Pressesprecher Social Media nebenher betreuen, sollten eigentlich vorbei sein. Da bleibt doch zu viel Potenzial liegen, das man mit entsprechendem Ressourceneinsatz hinsichtlich Fangewinnung, -Bindung, Markenbildung und somit langfristig auch mit Monetarisierung durch Ticketing, Merchandising und Sponsoring in Social Media heben kann. Profis können aber auch junge Berufseinsteiger sein, die mit frischen Ideen ans Werk gehen, sich weiterbilden und den Bereich in den Klubs Stück für Stück professionalisieren.

Was kann der Handball von anderen Sportarten lernen?

Eigentlich gar nicht so viel. Allenfalls Ideen für Content-Formate und Know-how in der Content-Produktion. Bei einigen anderen Punkten bin ich mir gar nicht so sicher, ob man den „State of the Art“ überhaupt im Sport findet. Der Handball wirkt nahbarer als der Fußball. Das sollte man sich beibehalten. Und aus meiner Erfahrung in der Fußball-Bundesliga weiß ich, dass bei einigen Klubs Social Media noch lange nicht so professionell abläuft, wie es eigentlich sein könnte. Positivbeispiele wie Eintracht Frankfurt oder die größeren Klubs mal ausgenommen.

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Wie können sich der Handball und auch Handballprofis Ihrer Meinung nach in den sozialen Medien positionieren?

Die schon angesprochene Nahbarkeit ist auf jeden Fall ein Asset, mit dem man sich abgrenzen kann. Ansonsten: Inspirieren lassen, aber vor allem den eigenen Weg finden. Von außen betrachtet macht man da bei der HBL insgesamt einen guten Job, was die Markenpositionierung angeht. Der Auftritt ist erfrischend anders. Diese Power gilt es noch stärker in die Klubs zu tragen. Dazu hat die „Masterclass Profihandball“ sicherlich einen guten Impuls gegeben. Am Ende sollte jeder Klub und Spieler die Werte des Handballs und der LIQUI MOLY HBL weitertragen. Davon und von der ureigenen Klub-Identität gilt es aber natürlich eine eigene Positionierung und Strategie zu finden.

Welche Plattformen bieten sich aktuell für Profisportler an?

Instagram ist definitiv gesetzt. Mit Facebook braucht man eigentlich nicht mehr wirklich neu anzufangen. Dort Reichweite neu aufzubauen, ist fast schon zu schwierig. TikTok bietet riesiges Potenzial, aber dafür muss man auch der richtige Typ sein, der kreativen Content produziert. Wenn man etwas Relevantes zu sagen hat, was über Jubelposen, private Einblicke und Trainingsbilder hinausgeht, sollte man Twitter auf keinen Fall unterschätzen. Insbesondere dann nicht, wenn man Medienschaffende erreichen möchte. Und wie in meinem Vortrag angesprochen sehe ich für Profisportler auf LinkedIn viel Potenzial. Insbesondere für die Zeit nach der Karriere kann man sich hier schon vorab ein relevantes Netzwerk aufbauen. Am Ende bietet jede relevante Plattform etwas. Es kommt eben darauf an, was man selbst für ein Typ ist und welche Zielgruppe man erreichen möchte.

Wovon hängt eine erfolgreiche Social Media-Präsenz von Profisportlern ab?

Aus meiner Sicht sind Authentizität, Kanalverständnis und Spaß das Wichtigste. Wer noch keine oder bestimmte Social-Media-Kanäle noch nicht hat, sollte sie einfach mal ausprobieren. Vielleicht zu Beginn auch erst einmal unter einem Pseudonym. Wenn man dann sieht, dass man Spaß daran hat, der Content funktioniert und man sich in der Art und Weise des produzierten Contents wiederfindet, dann kann es was werden. Erzwingen sollte man es nicht, ausprobieren aber in jedem Fall. Die Strategie ergibt sich dann mit der Zeit.

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Imago/Eibner