18.01.2020  Handball Europameisterschaft

Johannes Golla: Vom Wasser- zum Leistungsträger

Der nachnominierte Johannes Golla verleiht der deutschen Defensive neue Stabilität. Der Kreisläufer ist vom Wasser- zum Leistungsträger aufgestiegen.

Johannes Golla hatte noch keine Sekunde gespielt, da hatte er seinen Spitznamen schon weg. Als "Kampfsau" wurde der Kreisläufer der deutschen Handballer den Millionen Fernsehzuschauern vorgestellt, Co-Trainer Erik Wudtke hatte den nachnominierten Golla vor dessen EM-Debüt so genannt.

"Das habe ich jetzt auch gelesen", sagte der Abwehrspezialist am Freitag und lachte: "Weiß ich nicht, warum er mich so nennt, aber eigentlich ist das ja etwas Gutes, wenn man an seinem Einsatz gemessen wird und das gut ankommt."

Ob "Kampfsau" oder nicht -  der 1,95 m große und 112 Kilogramm schwere Golla überzeugte bei seiner Premiere auf großer Bühne auf Anhieb. Mit seinem kompromisslosen und aggressiven Spiel hob der Akteur der SG Flensburg-Handewitt die deutsche Defensive gegen Weißrussland (31:23) auf ein neues Niveau.

Bundestrainer Christian Prokop, der Golla erst am Morgen des Spieltags nachnominiert hatte, schwärmte von dessen Power und Schnelligkeit im Umschaltverhalten. "Er hat mit Artsem Karalek gleich ein Brett bekommen, einen der besten Kreisläufer aus Kielce, der immer wieder Monstersperren gestellt hat", sagte Prokop: "Das hat er super weggearbeitet, hat sich da nicht locken und provozieren lassen sowie mit Patrick Wiencek einen tollen Job gemacht."

Die nächste Aufgabe für Golla und Co. wird keineswegs leichter. Am Samstagabend (20.30 Uhr/ZDF) kommen mit Domagoj Duvnjak und seinen Kroaten ganz andere Kaliber auf die deutsche Abwehr zu. "Beide Mannschaften werden um jeden Zentimeter auf dem Spielfeld kämpfen. Natürlich wird so ein Spiel dann am Ende auch über Kampf entschieden", sagte Golla vor seinem erst achten Länderspiel.

Auf dem Spielfeld eine Urgewalt, abseits davon ruhig und bescheiden - das ist Johannes Golla. Ohne zu Murren hatte der 22-Jährige, 2016 Vize-Europameister bei den Junioren, in der Vorrunde die Wasserflaschen seiner Mitspieler getragen und sich mit keiner Silbe über seine Rolle als 17. Mann beklagt.

"Es ist ganz ungewohnt hart, wenn man nicht eingreifen kann, wenn man so ein bisschen entfernt von der Mannschaft auf der Tribüne sitzt", sagte er. Nun sei er "erstmal froh, im Kader zu sein. Jetzt geht es darum, an das Weißrussland-Spiel anzuknüpfen und weiterhin gute Leistungen zu zeigen."

Gollas steile Karriere zeichnete sich früh ab. Schon als er im Sommer 2018 von der MT Melsungen nach Flensburg wechselte, galt er als Rohdiamant. SG-Meistertrainer Maik Machulla nannte ihn gegenüber der dänisch-deutschen Tageszeitung Flensburg-Avis damals eine "Maschine. Ich bin wirklich beeindruckt, in was für einer Verfassung er als erst 20-Jähriger ist."

Golla zeigte sich von Beginn an extrem lernwillig, saugte die Ratschläge des damaligen SG-Abwehrchefs Tobias Karlsson förmlich auf und entwickelte sich prächtig. Nun, anderthalb Jahre später, steht er in Wien im Rampenlicht. Gegen Kroatien will die "Kampfsau" mit seinem Team einen großen Schritt Richtung Halbfinale gehen - und seinem neuen Spitznamen wieder alle Ehre machen.

Quelle: SID

Foto: Klahn