15.01.2018  Handball Europameisterschaft

25:25 - Deutschland nach Videobeweis eine Runde weiter!

Die deutsche Nationalmannschaft hat auch ihr zweites Spiel bei der Europameisterschaft 2018 nicht verloren. Die Bad Boys spielten am Montagabend nach einer dramatischen Schlussphase gegen Slowenien 25:25-Unentschieden. Den Ausgleich erzielte Tobias Reichmann per Siebenmeter erst Minuten nach dem Abpfiff.

Das Spiel in Kürze

Schon Minuten vor Spielbeginn machten die slowenischen Fans ordentlich Lärm in der erneut nicht ausverkauften Arena von Zagreb. Lärm, von dem sich die deutsche Mannschaft beeindrucken ließ. Die Bad Boys verschliefen die Anfangsminuten komplett. Im Angriffsspiel offenbarten sich große Probleme. Erst nach zwölf Minuten gelang Philipp Weber der erste deutsche Treffer aus dem Spiel heraus. Auch die deutsche Abwehr, die gegen Montenegro noch der Schlüssel zum deutlichen Auftaktsieg war, konnte nicht an die Leistung von vor zwei Tagen anknüpfen. Immer wieder war es der Kieler Spielmacher Miha Zarabec (11., 12. und 16.), der sich selbst oder seine Teamkollegen in exzellente Wurfpositionen brachte.

Christian Prokop versuchte viel. Der Bundestrainer nahm bereits in der ersten Halbzeit zwei Auszeiten und wechselte den schwachen Andreas Wolff (9% in der 1. Halbzeit) gegen Silvio Heinevetter. Auch im Angriff wechselte Prokop wild durch. So verging kaum ein Angriff, in dem Deutschland nicht mit einer anderen Formation auflief. Es half alles nichts. Slowenien ging angeführt von den beiden DKB HBL-Profis mit einer verdienten 15:10-Führung in die Pause.

Im zweiten Durchgang zeigten die Bad Boys dann ein anderes Gesicht. Sowohl das Zusammenspiel zwischen Abwehr und Torhüter Silvio Heinevetter funktionierte besser und auch im Angriff legten die deutschen Spieler zu.  Angeführt von Uwe Gensheimer, der vier seiner sieben Tore im zweiten Durchgang erzielte, konnte Deutschland beim Stand von 19:19 (47.) erstmals seit dem 1:1 (7.) ausgleichen. Drei Minuten später gingen die Bad Boys sogar erstmals in Führung. Nach einem Anspiel von Weber an Hendrik Pekeler, verwandelte der Kreisläufer von den Rhein-Neckar Löwen zum 21:20 aus Sicht der Deutschen. 

Dann die Aufregung in den Schlusssekunden. Eine letzte deutsche Auszeit 35 Sekunden vor Schluss brachte das 24:24 durch Paul Drux. Slowenien erzielte im Gegenzug das 25:24 und verhinderte im Anschluss das deutsche Anspiel, so dass die Referees nach Spielende den Videobeweis einforderten und erneut auf Siebenmeter für Deutschland entschieden. Diesen verwandelte Tobias Reichmann und glich nach Spielschluss zum 25:25 aus. Durch den dritten Punkt im zweiten Spiel hat Deutschland das Ticket für die Hauptrunde bereits ein Spieltag vor Ende der Gruppenphase gebucht.

Nach Spielende legte der slowenische Verband Protest gegen die Schiedsrichterentscheidung ein. Hierzu gab der Deutsche Handballbund folgendes Statement ab: "Die Schiedsrichter haben die Möglichkeit des Videobeweises genutzt und die letzten Sekunden intensiv begutachtet. Ihre finale Entscheidung ist regelkonform. Die sportliche Enttäuschung unseres Gegners ob des dramatischen Spielendes verstehen wir, aber einem Protest der slowenischen Delegation sehen wir gelassen entgegen."

Die Highlights

0. Spielminute - Der Lärmpegel stimmt schon mal

Man merkt, dass Zagreb lediglich eine Autostunde von der slowenischen Grenze entfernt ist. Die slowenischen Fans sind deutlich in der Überzahl und wurden gerade vom slowenischen Trainer Veselin Vujovic auch nochmal gestenvoll aufgefordert, ordentlich Lärm zu machen. Das kann für die Deutschen noch ganz schön ungemütlich werden von den Rängen.

14. Spielminute - Prokop muss intervenieren

Deutschland scheint tatsächlich von der Kulisse beeindruckt zu sein. Im Positionsangriff funktioniert beim Europameister quasi noch gar nichts und auch in der Abwehr stellt Miha Zarabec seine Ligakollegen bisher vor ungelöste Aufgaben. Der Bundestrainer hat genug gesehen und nimmt die erste Auszeit. 

23. Spielminute - Erneute Auszeit Deutschland

Nach der ersten Auszeit stellt Christian Prokop die Abwehr um, lässt die Flügelzange Gensheimer und Groetzki auf dem Feld. Doch auch dieser Plan geht nicht auf. Deutschland gerät immer mehr ins Hintertreffen und liegt in der 23. Minute mit 12:7 zurück. Der Bundestrainer nimmt die zweite Auszeit im Spiel.

39. Spielminute - Gensheimer trifft das leere Tor

Nach dem Seitenwechsel zeigen die Deutschen eine bessere Leistung und sind in der Abwehr deutlich aufmerksamer. Einen technischen Fehler der Slowenen nutzt Uwe Gensheimer aus und verkürzt mit einem Wurf auf das verwaiste slowenische Tor zum 17:15. 

45. Spielminute - Unschöne Szenen nun in der Arena

Nach einem Foul von Vid Kavticnik an Uwe Gensheimer während eines Tempogegenstoßes und der daraus resultierenden Zwei-Minuten-Strafe verhalten sich ein paar slowenische Fans äußerst unsportlich und werfen Gegenstände auf das Spielfeld. Das hat hier trotz der hitzigen Atmosphäre nichts zu suchen!

47. Spielminute - Da ist der Ausgleich!

Endlich! Nach 47 Minuten können die Bad Boys die Partie erstmals seit dem 1:1 wieder ausgleichen. 19:19 -  unser Kapitän Uwe Gensheimer hat es gemacht! 

59. Spielminute - Prokop geht jetzt auf's Ganze

Beim Stand von 23:22 für Slowenien geht Christian Prokop auf's Ganze und bringt den siebten Feldspieler. Mit Erfolg - der Ball kommt irgendwie zu Patrick Groetzki, der zum 23:23 ausgleichen kann. Das Spiel steht Spitz auf Knopf! 

60. Spielminute - Videobeweis entscheidet das Spiel

Das Spiel scheint bereits verloren! Doch nach minutenlangem Videobeweis entscheiden die Referees doch noch auf Siebenmeter für Deutschland. Eine grobe Unsportlichkeit des Trainers Veselin Vujovic verhindert erst einmal die Ausführung durch Tobias Reichman. Doch letzten Endes darf der Melsunger dann doch noch werfen und trifft!

Spieler der Partie

Tobias Reichmann hatte die Nerven, nach langem minutenlangem Videobeweis zum Siebenmeter anzutreten und verwandelte diesen dann zum 25:25-Unentschieden. Mit vier Treffern hatte der Melsunger Rechtsaußen maßgeblichen Anteil  am Punktgewinn der deutschen Mannschaft und ist unser Spieler der Partie.

Stimmen zum Spiel

Vesilin Vujovic (Trainer, Slowenien):

... über das Spiel: "Ich bin zufrieden mit meiner Mannschaft. Mehr kann und will ich nicht sagen."

Christian Prokop (Trainer, Deutschland):

... über das Spielende: "Ich muss mir die Szene erst noch einmal ansehen, bevor ich dazu etwas sagen kann. Natürlich bin ich aber froh, dass Tobias Reichmann so starke Nerven hatte, den Siebenmeter zu verwandeln."

Urban Lesjak (Torhüter, Slowenien):

... über die Leistung seiner Mannschaft: "Wir sind nicht zufrieden mit uns. Wir wollten unbedingt gewinnen, waren aber nicht gut genug."

Patrick Groetzki (Rechts Außen, Deutschland):

... über den Spielverlauf: "Das war unser schlechtestes Spiel seit Monaten. Aber ich bin sehr stolz auf meine Teamkollegen, dass wir das noch aufgeholt haben."

Zahlen, Daten, Fakten

Deutschland hat durch das Unentschieden bei der EM die letzten drei Aufeinandertreffen gegen Slowenien nicht verloren. In der EM-Quali gab es zwei Siege gegen Zarabec und Co.

Sloweniens Torhüter Urban Lesjak parierte in der ersten Halbzeit drei von fünf Siebenmetern. Zum Vergleich: Bei der letzten Europameisterschaft in Polen konnten die gegnerischen Torhüter im gesamten Turnierverlauf keinen deutschen Strafwurf halten. 

Slowenien:Skok, Lesjak (beide Tor), Blagotinsek (4), Verdinek, Marguc, Kavticnik (3/1), Janc (4/1), Potocnik, Cingesar (1), Zarabec (5), Bezjak (3), Grebenc, Zabic, Mackovsek (4), Mlakar, Suholeznik

Deutschland: Wolff, Heinevetter (beide Tor), Gensheimer (7/2), Wiencek, Reichmann (4/3), Pekeler (2), Weinhold (2), Roscheck, Weber (3), Fäth, Groetzki (4), Häfner (1), Janke, Kühn (1), Kohlbacher, Drux (1)