21.10.2022  DHB-Pokal

Starke zweite Hälfte: Kiel lässt Potsdam keine Chance

Der Titelverteidiger hat die Hürde im DHB-Pokal letztlich spuverän übersprungen: Bei Zweitliga-Aufsteiger VfL Potsdam setzte sich der THW Kiel nach umkämpften ersten 30 Minuten am Donnerstagabend mit 38:23 (19:16) Toren durch und steht somit erwartungsgemäß im Achtelfinale des Pokal-Wettbewerbs. Glänzend aufgelegt war THW-Torhüter Tomas Mrkva, der mit 18 Paraden zu einem der Sieggaranten wurde.

Zwei THW-Torpremieren

Die Potsdamer sind das Fohlenteam vom Bundesligisten Füchse Berlin, werden von dessen Manager Bob Hanning trainiert, gecoacht und boten dem Favoriten zunächst energischen Widerstand, hatten nur 24 Stunden nach der Füchse-Niederlage in Flensburg auch einige Akteure dieser Partie mit in ihren Reihen. Bei den Kielern, die weiterhin auf ihre verletzten Akteure Sander Sagosen, Hendrik Pekeler, Sven Ehrig, Rune Dahmke und Magnus Landin verzichten mussten, feierte Rechtsaußen Yannick Fraatz, in der vergangenen Woche vom Ligakonkurrenten Bergischer HC verpflichtet, seinen Einstand. Das erste Tor für seinen neuen Klub erzielte der Linkshänder in der 27. Minute zum 16:13 für die Zebras. Eine weitere Premiere feierte Henri Pabst: Der Youngster erzielte in der Schlussphase seine ersten beiden Pflichtspiel-Treffer im Profi-Dress des THW Kiel. Trainer Filip Jicha musste am Rande von Berlin ohne etatmäßigen Linksaußen auskommen, für die angeschlagenen Dahmke und Landin stellte er Miha Zarabec auf die für ihn ungewohnte Außenposition. Der quirlige Slowene machte dabei ein gutes Spiel, traf insgesamt viermal.

Kieler starten nicht optimal

Gegen den starken Tabellendritten der Zweiten Liga taten sich die Zebras zunächst schwer, fanden nicht ins Spiel und lagen nach fünf Minuten mit 0:3, nach acht Minuten mit 2:5 zurück. Als dann Torhüter Tomas Mrkva den dritten Siebenmeter von VfL-Kapitän Karl Roosner unschädlich machte, ging ein Ruck durchs THW-Team. Der folgende 5:0-Lauf durch Tore von Patrick Wiencek, Steffen Weinhold, Niclas Ekberg, Miha Zarabec und Nikola Bilyk brachte den Favoriten mit 7:5 in Front, bis zur 18. Minute zogen die Kieler durch tolle Aktionen von Eric Johansson, Karl Wallinius, Weinhold, Wiencek und Bilyk auf 12:7 davon. Aber eine Reihe von Fehlern und Zeitstrafen gestatteten dem Außenseiter eine Aufholjagd, die nach 25 Minuten zum 12:13-Anschluss durch Josip Simic führte. Die erste Auszeit von Filip Jicha war folgerichtig, brachte den Favoriten zurück in die Spur, auch wenn die Gastgeber durch einen direkt verwandelten Freiwurf von Beneke noch auf 16:19 zur Pause verkürzen konnten.

Zebras kommen stark aus der Kabine

Aus der Kabine kehrte dann ein weitaus stärkerer THW Kiel aufs Spielfeld zurück: Die Kieler packten in der Abwehr kräftiger zu, hatten zudem mit Tomas Mrkva einen echten Klassemann zwischen den Pfosten, der zur Wand für Potsdams Angreifer mutierte, insgesamt 18 schwere Bälle hielt. Bis zur 45. Minute brachten die Gastgeber so nur zwei Bälle am Kieler Schlussmann vorbei, und weil der THW auch im Angriff in die Trickkiste griff, den Zweitligisten förmlich an die Wand spielte, war die Partie spätestens nach dem Tempogegenstoß-Treffer von Kapitän Domagoj Duvnjak in der 47. Minute zum 28:18 vorentschieden.

Härte und Zauberei

Filip Jicha schickte fortan seinen Nachwuchs auf die Platte, der sich mit viel Einsatz und Torerfolgen bedankte. Henri Pabst traf zweimal, Ben Connar Battermann und Luca Schwormstede waren je einmal erfolgreich. Allerdings wehrte sich der Außenseiter phasenweise auch mit unnötiger Härte: Niclas Ekberg wurde von Emil Hansson brutal gefoult, der Däne sah zu Recht die Rote Karte. Eric Johansson erwischte es ebenfalls, der junge Schwede blieb nach einem Stoßen in der Luft lange liegen und verbrachte den Rest der Spielzeit mit einem Eisbeutel auf der schmerzenden linken Schulter auf der Bank. Der Rest der Partie war dann ein Schaulaufen des deutschen Rekordpokalsiegers, der vor gut 100 THW-Fans viel zauberte, sich standesgemäß in die nächste Runde warf, einen verdienten Sieg feierte und später viele Autogrammwünsche junger Handball-Fans erfüllte.

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin froh, dass wir gewonnen haben und möchte Bob Hanning und seiner Mannschaft ein Kompliment aussprechen: Ich fand es unglaublich sympathisch, wie seine Jungs gehen und Bereitschaft zeigen. Wir haben viele Zweikämpfe verloren im ersten Durchgang, dann war aber die Qualität auf unserer Seite. Tomas hart viele klare Chancen vereitelt, und deshalb war das Ergebnis deutlicher als das Spiel vermuten ließ. Mir hat gut gefallen, dass wir trotz unserer personellen Probleme die Herausforderung angenommen haben und dieses Spiel hier einfach durchgezogen haben.

VfL-Trainer Bob Hanning: Ich nehme Filips Lob gerne an. Solange die Kraft gereicht hat, haben wir ein gutes Spiel gezeigt. Leider haben wir uns dafür in den Überzahlsituationen im ersten Durchgang nicht belohnt. Wir haben das Torwart-Duell um Längen verloren, weil aber auch die Qualität beim THW Kiel auf der Torwart-Position und im Angriff eine andere ist. Schade, dass wir uns nicht mit einem besseren Resultat belohnen konnten. Mit minus zehn oder minus elf wäre ich ein bisschen zufriedener gewesen. Aber, und das habe ich meinen Jungs in der Kabine auch gesagt: Es gibt keinen Grund, sich über das Resultat zu freuen, aber auch keinen Grund, jetzt traurig zu sein. Wir werden aus dem heutigen Kieler Spiel viel mitnehmen, das war in vielen Dingen eine Lehrstunde für meine Spieler.

THW-Debütant Yannick Fraatz: Ich muss zugeben, dass ich anfangs schon ein bisschen nervös war. Das erste Mal für den THW Kiel auflaufen zu dürfen, war schon etwas Besonderes. Nach der ersten guten Aktion war ich dann ein bisschen lockerer. Mit der ersten Halbzeit sind wir heute nicht so zufrieden, da haben wir einfach zu viele Gegentore kassiert. In der zweiten Halbzeit haben wir das dann ganz gut gemacht und dann das Spiel deutlich auch deutlich gestalten können.

Statistik:

1. VfL Potsdam: Voncina (28.-48., 3/1 Paraden), Ferjan (1.-28., 48.-60., 8 Paraden) - Hansson (1), Simic (2), Beneke (6), Kaludjerovic (1), Nowak (1), Grüner, Akakpo (4), Orlov, Roosna (5/4), Obermann (1), Fuhrmann, Sauter, Langhoff (2)

THW Kiel: N. Landin (37.-39., keine Parade), Mrkva (1.-37., 39.-60., 18/1 Paraden) - Duvnjak (1), Reinkind (1), Battermann (1), Øverby (3), Weinhold (4), Wiencek (4), Ekberg (2/1), Fraatz (1), Pabst (2), Johansson (4), Zarabec (4/1), Schwormstede (1), Wallinius (6), Bilyk (4)

Schiedsrichterinnen: Tanja Kuttler / Maike Merz

Zeitstrafen: Potsdam: 4 (Hansson (11.), Simic (15.), Nowak (21.), Orlov (48.)) / THW: 7 (Weinhold (6.), Schwormstede (22.), Duvnjak (26.), Fraatz (34.), Wiencek (37.), Mrkva (38.), Øverby (43.))

Rote Karte: Hansson (grobes Foulspiel, 35.)

Siebenmeter: Potsdam: 5/4 (Mrkva hält Roosna (10.)) / THW: 3/2 (Voncina hält Bilyk (35.))

Spielverlauf: 3:0 (5.), 4:1, 5:2 (7.), 5:7 (13.), 7:9, 7:12 (18.), 9:13 (21.), 12:13 (24.), 13:14, 13:17 (28.), 15:19 (30.), 16:19;
16:21 (33.), 17:23 (40.), 18:28 (47.), 19:33 (52.), 21:37 (57.), 23:38.

Zuschauer: 2050 (ausverkauft) (MBS Arena, Potsdam)

Quelle: THW Kiel / Foto: Goeres