18.10.2018  2. HBL

Martin Strobel (HBW Balingen-Weilstetten): „Wenn so ein Ereignis wie die Heim-WM ansteht, muss man nicht lange überlegen“

Europameister, Olympiabronze, der Abstieg mit dem HBW Balingen-Weilstetten aus der DKB Handball-Bundesliga: Martin Strobel hat schon viel in seiner Karriere erlebt. Vergangene Woche sorgte er dann für die Überraschung schlechthin: Der Spielmacher steht vor seinem Comeback in der deutschen Nationalmannschaft!

Hallo Martin, hast du schon Pläne für den Januar? 

Martin Strobel: (lacht) Bis jetzt noch nicht.

Du gibst mit 32 Jahren dein Comeback für das DHB-Team. Wie hast du von der Nominierung erfahren? 

Martin Strobel: Ich habe vor ein paar Wochen mit dem Bundestrainer telefoniert. Wir haben uns ausgetauscht und er hat sich bei mir erkundigt, ob ich mir ein Comeback vorstellen könnte. Daraufhin habe ich mir, vor allem auch im Hinblick auf die Heim-Weltmeisterschaft im Januar, Gedanken gemacht. Diese waren positiv und das habe ich ihm dann mitgeteilt. Letzte Woche hat er mich dann noch einmal angerufen und gesagt, dass er mich zum nächsten Lehrgang gerne mitnehmen würde. Darüber habe ich mich natürlich gefreut.

Musstest du lange überlegen, ehe du dem Bundestrainer zugesagt hast?

Martin Strobel: Wenn so ein Ereignis wie die Heim-WM im Januar ansteht, dann muss man nicht lange überlegen. Das ist für jeden Sportler das Größte. Ich wollte erst mit der Familie Rücksprache halten. Von der Seite kam aber auch nur volle Unterstützung.

Du bist der einzige nominierte Zweitligaspieler. Kannst du dich auch in der 2. Liga auf WM-Wettkampfniveau bringen?  

Martin Strobel: Grundlegend hat sich das Niveau der 2. Handball-Bundesliga in den letzten zwei, drei Jahren enorm gesteigert. Trotzdem gibt es zur DKB Handball-Bundesliga immer noch einen Unterschied. Wer mich kennt weiß, dass ich immer das Maximale herausholen will und somit ist eine gute Leistung Grundvorausetzung. Es liegt nicht in meinem Naturell mich zurückzulehnen und daher werde ich weiter an mir arbeiten und will auch die Trainingseinheiten bei der Nationalmannschaft dazu nutzen.

Was kannst du dem deutschen Nationalteam geben?

Martin Strobel: Ich habe mein Spiel in den letzten zwei Jahren nicht grundlegend verändert. Meine Stärken sind die Spielsteuerung und das taktische Verständnis. Ich versuche, Ruhe ins Spiel zu bringen und mit einem kontrollierten Spielaufbau erfolgreich zu sein. Meine Aufgabe ist es, die anderen Spieler gut ins Spiel einzubinden und selbst torgefährlich zu sein. Sonst ensteht kein Vorteil. Letzten Endes wird der Bundestrainer entscheiden, ob er meine Qualitäten braucht oder nicht. 

Du hast 135 Länderspiele bestritten. Wie viele kommen noch dazu?

Martin Strobel: (Lacht) Wenn es gut läuft, kommen in der nächsten Woche erst einmal zwei dazu.

Nach Olympia-Bronze in Rio und dem EM-Titel 2016 fehlt dir noch eine Medaille bei einer WM…

Martin Strobel: Das ist immer schön gesagt. Ich habe jetzt schon einige Großturniere gespielt und weiß daher, wie schwer es ist, eine Medaille zu gewinnen. Die Halbfinaleinzüge im Jahr 2016 waren ein riesen Highlight. Das muss auch bei einer Heim-Weltmeisterschaft das Ziel sein. Allerdings ist es bis dahin noch ein langer Weg.

Mit dem HBW Balingen-Weilstetten stehst du nach neun Spieltagen auf Rang Drei. Wie fasst du euren Saisonstart zusammen?

Martin Strobel: Ich denke, wir waren am Anfang noch nicht ganz so gefestigt, wie wir uns das vielleicht erhofft hatten. Dadurch haben wir auch zwei schwere Auswärtsspiele am Anfang knapp verloren. Die letzten Wochen haben wir uns stabilisiert. Diesen Weg wollen wir weitergehen.

Vor allem zu Hause seid ihr eine Macht. Ihr habt zwölf Heimspiele in Folge gewonnen.

Martin Strobel: Zu Hause wollen wir unsere Stärke auf jeden Fall zeigen und ausbauen. Unsere Fans sind etwas ganz Besonderes in der Liga. Die Stimmung ist super. Wir als Team müssen das verkörpern und transportieren. Das haben wir in den letzten Spielen gut gemacht.

Ist der HBW in diesem Jahr ein ernstzunehmender Aufstiegskandidat?

Martin Strobel: Wir haben den Anspruch vorne mitzuspielen. Wir haben uns gut entwickelt. Das müssen wir aber immer wieder verbessern. Ich sehe andere Mannschaften momentan noch stärker als uns. Wenn du in dieser Liga oben mitspielen willst, musst du auch auswärts punkten und kritische Phasen überstehen. Das ist uns zu Saisonbeginn noch nicht so gut gelungen. Aber hier werden wir ansetzen.

Am Wochenende kommt es zu einem echten Prüfstein. Ihr müsst zum TuS N-Lübbecke, die sich nach anfänglichen Schwierigkeiten gefangen und nun vier Spiele in Folge gewonnen haben. Was erwartet euch?

Martin Strobel: Das wird ein gutes Spiel. Wir haben da richtig Bock drauf und freuen uns auf das Spiel. Es wird eine harte Aufgabe für uns. Die Qualität von Lübbecke ist unumstritten. Wir werden alles versuchen, auch so ein Spiel gegen so einen Gegner erfolgreich zu gestalten. 

Es gibt beim HBW keinen Spieler, der so lange im Verein ist wie du. Bis auf den TBV Lemgo Lippe hast du noch nie für einen anderen Verein gespielt. War der Reiz, bei einem absoluten Top-Club zu spielen, nie da?  

Martin Strobel: Doch klar, der Reiz war schon da. Letzten Endes muss man aber immer die einzelnen Situationen betrachten und ob es Nachfrage gibt. Es gibt eben viele gute Spieler da draußen. Da hat es einfach nie zu 100 Prozent gepasst. Für Außenstehende ist das manchmal schwer zu verstehen.

Welche Ziele hast du mit dem HBW Balingen-Weilstetten noch?

Martin Strobel: Wir haben so lange in der DKB Handball-Bundesliga gespielt. Klar wollen wir da oben dann auch wieder anklopfen. Diesen Anspruch haben wir. Wir wissen aus der letzten Saison, dass dies kein Selbstläufer ist. Dafür muss man viel investieren und es muss viel passen. Wir müssen auch unserer Möglichkeiten bewusst sein. Wie oben erwähnt stellen sich auch die anderen Teams gut auf und sind uns in manchen Bereichen vielleicht noch einen Schritt voraus. Aber das ist auch Herausforderung zugleich.

Von deinen Mannschaftskollegen hört man, dass du der größte Vollprofi bist, den sie kennen. Welchen Tipp kannst du jungen Nachwuchshandballer geben?

Martin Strobel: Es werden viele Phasen im Leben eines Sportlers kommen, in denen es nicht optimal laufen wird. Da kommen vielleicht Zweifel auf. Du denkst dir, was mache ich falsch? Was kann ich ändern? Klar gibt es Dinge, die du ändern kannst. Allerdings solltest du deinem Weg immer treu bleiben und neue Inputs einholen. Da muss man einfach durch, die Ruhe bewahren und dranbleiben. Das dauert manchmal länger, manchmal kürzer. Wenn du dich für den Weg in den Spitzensport entschieden hast, dann musst du immer 100% Prozent geben und einiges hintenanstellen. Irgendwann kommen die Ergebnisse. Erfolg ist kein Zufall.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Bild: Moschkon