27.12.2022  2. HBL

Katsigiannis hält in letzter Sekunde den Sieg für den TuS N-Lübbecke fest

Der TuS N-Lübbecke hat sein Auswärtsspiel bei der HSG Konstanz denkbar knapp mit 25:26 (14:12) gewonnen. Entscheidend dabei war Torhüter Nikolas Katsigiannis, der nicht nur 16 Paraden beisteuerte, sondern auch einen Konstanzer Siebenmeter Sekunden vor Ende des Spiels hielt und so zum Helden wurde.

Groß war die Leere und Enttäuschung nach dramatischen letzten Sekunden. Als die HSG Konstanz in den letzten 29 Sekunden mit dem siebten Feldspieler alles versuchte. Belohnt wurden sie durch einen schnellen Antritt von Joel Mauch. Siebenmeter gab’s dafür, vier Sekunden vor Schluss. Gregor Thomann schritt zum Punkt – und scheiterte an Nikolas Katsigiannis im Tor des Erstliga-Absteigers. Bitter dabei: Leos Petrovsky hechtete nach dem Ball – berührte den Abpraller aber im Kreis und der Nachwurf von Joel Mauch, der kurz darauf im Kasten einschlug, wurde von den Schiedsrichtern nicht mehr gegeben. Viel Glück war in den letzten Minuten für die bemerkenswert coolen und kämpferischen Gäste nötig, um der nicht unverdiente Sieger zu bleiben. Aber auch die Extraklasse von Katsigiannis. 16 Paraden verbuchte der, davon einige in den letzten fünf Minuten, als sein Team den 22:25-Rückstand mit einem 4:0-Lauf noch drehte. Der 40-Jährige war der Matchwinner auf Seiten der Ostwestfalen. Mit 403 absolvierten Erstliga-Spielen weißt er alleine eine Unmenge mehr an Einsätzen auf höchstem Niveau auf als der gesamte Konstanzer Kader zusammen, der auf jeder Position deutlich jünger und unerfahrener besetzt ist.

So ungerecht sich der Spielausgang aus Sicht der Gastgeber anfühlte, so abgezockt und erfahren hatte Lübbecke in den letzten Minuten die Nerven bewahrt. War effektiver und zielstrebiger als die Gastgeber. Positiv aus Konstanzer Sicht: Man war nach dem ebenso dramatisch und unglücklich verlorenen Heimspiel gegen Nordhorn-Lingen (30:31) durch einen Siebenmeter nach Ablauf der Spielzeit, dem Remis in Ludwighafen und der wieder mehr als unglücklichen Niederlage gegen Lübbecke (25:26) mit sämtlichen Topteams in den letzten drei Partien voll auf Augenhöhe. Dass dabei nur ein Punkt heraussprang ist ärgerlich, kann aber für die Restserie ab 3. Februar mit dem Baden-Württemberg-Derby in Bietigheim ganz viel Mut und Zuversicht geben. Nach schwierigen ersten Wochen, in denen die HSG noch chancenlos gegen Teams auch aus der unteren Tabellenhälfte war, ist sie nun in der Lage, gegen jede Mannschaft der Liga Punkte zu holen. Kommt irgendwann auch das Glück zurück, muss den Konstanzern nicht bange vor den 19 verbleibenden Begegnungen sein.

„Wir gewinnen dieses wahnsinnig schwere Spiel glücklich mit einem Tor“, sagte Gästetrainer Michael Haaß mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht. „Das war ein Top-Weihnachtsspiel für die Zuschauer. Ich bin wahnsinnig stolz auf meine Mannschaft, dass wir uns hier so durchgebissen haben. Das Spiel hätte in beide Richtungen ausgehen können und unentschieden wäre auch gerecht gewesen.“ Neben dem strahlenden Weltmeister von 2007 saß ein sichtlich geknickter Jörg Lützelberger, der trotz seiner Eloquenz deutlich mehr Mühe hatte, die passenden Worte zu finden. „Ich versuche gerade seit zehn Minuten die Enttäuschung wegzuschieben“, schluckte der 37-Jährige, „und dem Stolz in mir für die Jungs Platz zu machen. In den letzten vier Wochen haben sie acht Spiele gegen Top-Mannschaften gespielt. Wir haben hier extrem viel gelernt, wir haben aber auch in einem Großteil der Spiele gezeigt, dass wir uns stark verbessert haben und dass wir voll drin sind in dieser Liga.“ Individuell haben sich seine Spieler weiterentwickelt, aber auch als Mannschaft hat sich wieder eine Gruppe gebildet, die, so der HSG-Coach, „der aus der letzten Saison in nichts nachsteht. Toller Charakter, toller Zusammenhalt, keine Egoismen, das hat brutal viel Spaß gemacht und ich bin total stolz.“

Grund dazu gab es auch im letzten Auftritt des Jahres genug. So etwa, wie sein Team nach einem 0:2-Rückstand langsam in die Partie fand, nach 13 Minuten durch Sebastian Hutecek ausglich und wenig später nach dem Treffer von Samuel Wendel das erste Mal in Front ging. Ein ganz wichtiger Baustein war dabei eine richtig gute, durch schnelle Beinarbeit gekennzeichnete Abwehrarbeit, die Leon Grabenstein gegen seinen künftigen Arbeitgeber toll ins Spiel brachte. Mit 13 Paraden, davon zwei Siebenmeter, konnte der lange Mann im Tor seinen Vordermännern den Rückhalt und die Sicherheit geben, sodass auch offensiv immer mehr der Knoten platze. Luis Foege brachte die Gelb-Blauen eine Minute vor dem Halbzeitpfiff schließlich mit 14:11 in Front. Die Zwei-Tore-Führung nach 30 Minuten war nach dem Pausentee schnell aufgebraucht. Schlimmer noch, Marek Nissen drehte das Match zum 15:16.

Nach 47 Minuten folgte eine der stärksten Phasen der HSG Konstanz. Weil Grabenstein zusammen mit der Deckung nun ein unüberwindbares Bollwerk stellte, drehten die Konstanzer mit der Unterstützung ihrer frenetisch mitgehenden 1400 Fans richtig auf. Mit einem 5:0-Lauf wurde der 20:22-Rückstand in eine 25:22-Führung umgewandelt und die Schänzle-Hölle stand.

Ein schwerer Verlust war das verletzungsbedingte Ausscheiden von Distanzschütze Lars Michelberger, der humpelnd von Spielfeld und von Physiotherapeutin Cleo Oexle behandelt werden musste. Der in Ludwigshafen zwölfmal erfolgreiche Shooter konnte in der Schlussphase nur noch zusehen, wie es für seine Mitspieler richtig eng wurde. Weil Katsigiannis nun alles hielt, schmolz der Vorsprung Tor um Tor und Nettelstedt drehte die Partie mit einem 4:0-Lauf durch Benas Petreikis 32 Sekunden vor Schluss. Katsigiannis sorgte dann mit dem gehaltenen Siebenmeter in den letzten Sekunden für große Erleichterung und Freude beim TuS. Als Lützelberger schnell seine Fassung wiedergewonnen hatte, konnte er bereits wieder gewohnt positiv nach vorne blicken und meinte: „Ich darf Lukas Köder zitieren, der sagte: Das ist das geilste Handball-Jahr meines Lebens gewesen. Ich habe hier so viele Geschichten mitschrieben dürfen, an die ich mich mein Leben lang gerne erinnern werde. Und freue mich darauf, was wir im weiteren Saisonverlauf noch zusammen erleben werden. Diese Unterstützung hier ist definitiv bundesligareif.“ Stolz, dankbar, glücklich – so blickte er auf das Jahr 2022.

Quelle: HSG Konstanz / Foto: Pisa