28.02.2022  2. HBL

HSG Nordhorn-Lingen gewinnt das Topspiel gegen ASV Hamm-Westfalen

Spannung pur erlebten alle Zuschauer am Sonntagabend in der Lingener EmslandArena ab. Der damalige Tabellenzweite empfing den Tabellendritten aus Hamm zum Topspiel in der 2. Handball-Bundesliga. In einem super hitzigen Spiel, in dem sich über weite Strecken keine der Mannschaften absetzen konnten, bewies die HSG in der Crunchtime Nervenstärke und feierte einen 27:24-Heimsieg, welcher sie an die Tabellenspitze brachte. Auch wenn sich die Tabellensituation schon heute Abend wieder ändern konnte, so hatten sie diese dennoch, für mindestens 24h, erobert.

Der HSG stand bis auf den weiter verletzten Alex Terwolbeck, der sein Team wieder von der Seitenlinie aus mit unterstützte, der ganze Kader zur Verfügung. Auch Julian Possehl war also wieder mit von der Partie. Und die begann mit einem Tor von Robert Weber. Danach gingen die Gäste vom ASV Hamm-Westfalen in Führung – begünstigt durch schon zwei HSG-Zeitstrafen in der Anfangsphase: 3:4 (7.).

Anschließend hielt Buhrmi und unser Team stellte auf 6:4 (10.) und 9:6 (13.). Dani Baijens, der gut aufgelegte niederländische Spielmacher der Gäste, humpelte vom Feld – er sollte erst Mitte der zweiten Hälfte zurückkehren. Und es gab einen weiteren Wechsel, der weitreichende Folgen haben sollte: Der fast 39-jährige Kroate Vladimir Bozic rückte nun ins Tor, führte sich gleich mit einem gehaltenen 7-Meter ein und hielt auch die nächsten fünf Würfe auf seinen Kasten.

In dieser Phase machte der Tabellen-3. aus einem 9:6 ein 9:11 (23.) und Daniel Kubeš war zum Time-Out gezwungen. Ravensbergen kam ins Tor und Robert Weber beendete elf torlose Minuten der HSG von der 7-Meter-Linie: 10:11. Beim Stand von 10:12 hielt Bozic den nächsten Strafwurf. Mickal verkürzte nun ebenfalls per 7-Meter. Dann hielt Ravensbergen gegen die dezimierten Gäste, warf den Ball über 40 Meter Richtung leeres Tor und ... traf den Pfosten. Immerhin gelang der Ausgleich vor der Pause doch noch – Torbrügge traf zum 12:12. Ein weiteres Tor durch unsere Nr. 3 fiel leider eine Sekunde zu spät. Bemerkenswert: Keeper Bozic hatte bei acht Paraden zu diesem Zeitpunkt eine Fangquote von 89%.

Die zweite Halbzeit begann gut für Rot. Trotz Unterzahl stellte die HSG auf 14:12. Ravensbergen hielt bravourös, doch auch Bozic machte da weiter, wo er aufgehört hatte. Beim Hammer Anschlusstreffer zum 14:13 (37.) hatten auch die Gäste elf torlose Minuten hinter sich. Nach exakt 40 Minuten sah Dominik Kalafut für ein Foul die rote Karte und der ASV ging wieder in Führung (15:16). Die Zuschauer forderten nach einer Attacke des starken Kreisläufers Brosch ebenfalls den roten Karton, doch die Schiedsrichter beließen es bei einer Zeitstrafe. Die Partie wogte nun hin und her, die Stimmung in der Halle wurde zunehmend emotional.

Beim 18:18 durch Georg Pöhle aus dem Rückraum nahm Gästetrainer Michael Lerscht eine Auszeit (48.). Anschließend brachte Julian Possehl seine Farben wieder in Front, doch auf der Gegenseite gab es einen hochumstrittenen 7-Meter – Ausgleich. Es wurde immer lauter, denn nun war es der Mitte der zweiten Halbzeit wie Sander Visser ins Spiel gekommene Lasse Seidel, der per Kempa-Trick das 20:19 erzielte (51.). Steuerte die HSG nun auf den ersehnten Sieg zu? Mitnichten, denn innerhalb von gut zwei Minuten hieß es plötzlich 20:22 – Auszeit Nordhorn-Lingen genau sieben Minuten vor dem Ende.

Und jetzt war es so weit – das Pendel schlug zur Seite unserer Mannschaft aus: Der ASV Hamm-Westfalen vergab das mögliche +3, Seidel erzielte per Tempogegenstoß den Anschlusstreffer und Pöhle glich aus. Es stand 22:22 (56.). Als Seidel erneut per Tempogegenstoß traf, feuerte er die Zuschauer vehement an, noch mehr „Gas“ zu geben als ohnehin schon. Ravensbergen hielt den nächsten Ball, Wasielewski schnappte sich den Abpraller, wurde gefoult und sein Gegenspieler musste auf die Strafbank. Kurz darauf sprang Pöhles Wurf von der Unterkante der Latte ins Tor: 24:22 genau zwei Minuten vor dem Ende. Auszeit ASV.

Die HSG kam in Ballbesitz und de Boer traf vom Kreis. Ein 5:0-Lauf in der Crunchtime hatte das Spiel gedreht. In den letzten Sekunden wurde es zwar nochmals ein bisschen hektisch, als auch der Hammer Brosch noch die rote Karte sah, doch nun war die Partie entschieden. Sander Visser waren die beiden letzten HSG-Treffer vorbehalten, in der Schlusssekunde per 7-Meter. Am Ende hieß es 27:24 und die EmslandArena mit ihren über knapp über 2.000 Zuschauern, von denen es die allermeisten natürlich mit der HSG hielten, war tatsächlich ein Tollhaus.

Treffsicherste Schützen unseres Teams waren heute Georg Pöhle (7/1), Julian Possehl (4) und Robert Weber (4/1). Besonderes Lob verdiente sich überdies einmal mehr die Abwehr – siehe unten. In der PK zeigte sich der sympathische Gästetrainer sehr sportlich, gratulierte zum HSG-Sieg und war dennoch ausgesprochen stolz auf seine Mannschaft, mit der er während der Partie wegen einiger angeschlagener Akteure im „Bastelmodus“ gewesen sei.

Stolz auf sein Team war auch Daniel Kubeš, der davon sprach, dass das Spiel, in dem mehrfach die Führung gewechselt hatte, ihn viele Nerven gekostet habe. Er lobte „zum wiederholten Mal“ die „Bombenleistung“ in der Abwehr und zeigte sich glücklich darüber, dass die HSG eine Reaktion gezeigt und das Spiel noch gedreht habe.

Auf die Frage nach den Zuschauern sagte er: „Es hat sich ‚abnormal normal‘ angefühlt. Ich bin so froh, dass wir genau heute diese Möglichkeit gehabt haben, vor so vielen Zuschauern zu spielen. Ich hoffe, dass es so weitergeht bis zum Ende der Saison.“ Und er fügte hinzu: „Das ist der Grund dafür, dass Spieler hier nach Deutschland kommen: Weil wir hier so eine Atmosphäre haben. Deswegen machen wir das, wir sind im ‚Showbusiness‘, wir machen das alles für die Fans.“ Und er schloss schmunzelnd: „Ohne euch macht es Sinn, aber ein bisschen weniger.“ Spontan gab es viel Applaus für das emotionale Statement.

Quelle: HSG Nordhorn-Lingen / Foto: Bültmann