05.10.2019  2. HBL

Elbflorenz dreht verrücktes Spiel gegen Emsdetten

Zwanzig Minuten vor Spielschluss sah der TV Emsdetten wie der sichere Sieger der Partie in Dresden aus. Acht Tore Vorsprung hatte der TVE zu diesem Zeitpunkt. Doch dank einer hervorragenden offensiven Abwehr und großem Willen kämpfte sich der HC Elbflorenz noch einmal heran und erzielte dann sogar noch den 29:28-Siegtreffer.

Wenn man glaubt nach einem Spiel über Wasser gehen zu können, dann war man bei diesem Spiel. Wenn man sich noch Stunden nach einem Spiel eine Käse-Schnitte schmiert und dann herzhaft ins geschmierte Küchenbrett beißt, dann war man bei diesem Spiel. Wenn man mit Worten einem gesamten Spiel eigentlich nicht gerecht werden kann, dann war man bei diesem Spiel.

Die Dresdner gingen vor dem Spiel personell am Stock. Es ist sicherlich die prekärste personelle Situation in der Zweitligageschichte des Clubs. Um trotzdem kann man so eine 1. Halbzeit aus Dresdner Sicht nicht spielen. Die Sachsen waren nie wirklich in der Partie und der bisher in der Saison eher angriffsschwache TVE schenkte dem Heimteam 19 Tore ein. Die Dresdner Defensive fand nicht statt und die Dresdner Keeper konnten einem leid tun. Die hochmotivierten Gäste trafen immer wieder aus dem Rückraum durch Karl Toom und Johannes Wasielewski oder waren über einen starken Yannick Dräger am Kreis erfolgreich. HC-Trainer Rico Göde kritisch: „Wir hatten uns gegen den TVE-Rückraum eigentlich  etwas ausgemacht, das hat dann auch so gar nicht geklappt.“ Die Dresdner leisteten sich bspw. im eigenen Angriff zwischen dem 4:8 und 5:11 fünf Fehlwürfe, wobei der TVE-Keeper Konstatin Madert auch beste Chancen der Hausherren entschärfte. Nach einem Fehlabspiel des HC war es besagter Wasielewski der in der 21. Minute aus dem rechten Rückraum zum 6:14 traf. Bis zur Halbzeit konnten die Dresdner dann zumindest im Angriff mittreffen und so führte der Gast aus Emsdetten zum Pausentee völlig verdient mit 12:19. 

Es waren noch keine 5 Minuten in der 2. Halbzeit gespielt, da hatten die Dresdner drei Zeitstrafen kassiert und standen in der Abwehr lange vier gegen sechs. So führten die Gäste in der 36. Minute mit acht Toren (14:22). In der 40. Minute hatte der Vorsprung mit 15:23 weiterhin bestand. Was zu diesem Zeitpunkt keiner ahnen konnte, dem TVE gelangen die Tore jetzt nur noch im 4-Minuten-Schnitt. Der personell gebeutelte HC hatte schon Ende der 1. Halbzeit mit Julius Dierberg einen Linksaußen auf die Spielmacherposition gestellt und ihm zur Seite mit Nico Cornelius und Oskar Emanuel auf den Rückraumpositionen zwei Spieler, aus dem Perspektivteam. Zudem stand in der 2. Halbzeit mit Max Mohs einer im HC-Tor, der bisher in der Saison zu 95 Prozent im Perspektivteam gespielt hatte.

Mit Mohs und Dierberg sind schon zwei spätere Matchwinner genannt. Mohs zeigte gleich mehrere starke Paraden und Dierberg führte auf der Mitte klug Regie. Dazu gesellte sich mir Robin Hoffmann an diesem Tag ein variantenreicher Rechtsaußen. Hinzu kam eine nun offensive 4:2- und teilweise 3:3-Deckung mit den unheimlich beweglichen Marek Vančo, Arseniy Buschmann und Phillip Jungemann. Der TVE tat sich zunehmend schwerer Lösungen zu finden. Spätestens als Robin Hoffmann einen wunderschönen Kempa-Trick mit einem Tor von Rechtsaußen abschloss (21:25), begann der Gast aus Westfalen wohl nachzudenken. Und das TVE-Grübeln wurde immer größer. Die Dresdner Fans machten zunehmend Druck von den Rängen und der HC verkürzte Tor um Tor.

TVE-Trainer Daniel Kubeš zur Atmosphäre: „Die Halle war irgendwann mega-heiß. Wir konnten dann einfach nicht mehr dagegenhalten.“ Zwei Dierberg-Konter zum 26:26 und 27:26, der Linksaußen hatte zweimal hintereinander den Ball geklaut, versetzten die Halle vollkommen in Ekstase. Der TVE schaffte anschließend das 27:27 und hatte nach einem Dresdner Fehler per Siebenmeter die Chance zum 27:28. Aber TVE-Schütze Dirk Holzner setzte den Ball an die Latte und anschließend sprang das Spielgerät auf die Linie und nicht ins Tor. Beide Teams trafen dann bis 30 Sekunden jeweils noch einmal (28:28). Die Dresdner waren in Ballbesitz und in Überzahl, als Marek Vanco 4 Sekunden vor dem Ende von Sebastian Greß auf Linksaußen angespielt wurde und 2 Sekunden vor Schluss den Ball in die kurze Ecke das TVE-Tores warf (29:28). Der Rest war eine Euphoriewelle auf der Platte und auf den Rängen, die noch weit bis nach dem Spiel anhielt. 

Fazit: „Es ist einfach nur geil. Ich muss ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern. Ich habe die Jungs in der Halbzeit zur S… gemacht und gesagt, dass hier nicht der HC Elbflorenz spielt, der wir eigentlich sind. Wir sollen endlich als Team und nicht einzeln agieren. Es war ja noch alles möglich. Das wir dann wirklich den Sieg noch holen, ist Wahnsinn“, sagte Julius Dierberg nach dem Spiel. Der Schreiber der Zeilen hat mehr als 90 Prozent aller Spiele der 1. Männermannschaft des HC gesehen. Rechnet man alle Umstände mit ein, ist das Gefühl nach der Partie eigentlich nur mit dem zu vergleichen, welches man hatte, nachdem Sebastian Greß mit seinem Treffer kurz vor dem Ende gegen den Eintracht Hildesheim, defacto den Aufstieg in die 2. Liga perfekt machte.

Die Dresdner zeigten nach einer desolaten 1. Halbzeit eine absolute Willensleistung und holen so einen nicht mehr für möglich gehaltenen Sieg. Vor allem die Umstellung auf die offensive Abwehr und  die unglaubliche Unterstützung von den Rängen zog Emsdetten den Zahn. Der TVE ist nach einem 8-Tore-Vorsprung 20 Minute vor Ende der Partie, wohl endgültig in der Krise angekommen. Die Dresdner ihrerseits basteln weiter erfolgreich an ihrer Heimstärke und hoffen erneut inständig, dass es personell besser wird.

Quelle: HC Elbflorenz 2006

Foto: Fleischer